Page - 255 - in Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Tirol und Vorarlberg, Volume 13
Image of the Page - 255 -
Text of the Page - 255 -
255
Die Küche befindet sich meist gleich hinter der Stube. So ist es wenigstens bei den
Bauernhäusern, welche die Wohnräumlichkeiten auf der einen, Stall und Tenne auf der
anderen Seite haben. Wo aber letztere den Rücktheil des Hauses bilden, also der ganze
Vorderbau bewohnt ist, liegt sie entweder gegenüber der Stube oder, wie im Vinstgau,
rückwärts durch einen Verschlag von derselben getrennt. Die Küche ist überall sehr
geräumig und mit blinkendem Messing- und Kupfergeschirr ausgestattet, denn reichliches
Küchengeschirr ist der Stolz der Bäuerin. Auf der sauber gescheuerten Schüsselstelle oder
dem „Rahmen" stehen die Reihen der Schüsseln und Teller, obwohl letztere nur an Fest-
tagen benützt werden. Die Bank darunter trägt das Wasserschafs mit der „Wassergatze"
und dem großen Knödelhafen. Auf der anderen Seite ist ein Strick für die messingenen und
eisernen „Gatzeln" gezogen, darunter stecken im eingekerbten Pfannholz die weiten Mus-
pfannen und die Schmalzpfanueu, von denen das Fett nie abgespült wird. Der Waschkessel
von glänzendem Kupfer steht in einer Ecke. Auch ein Branntweinkessel findet sich zuweilen.
Um den Kessel über das Feuer zu hängen, hat man oft eiue Drehvorrichtung. Der Herd
selbst ist groß, aber sehr einfach aus Ziegeln gemauert, mit einer seichten Vertiefung
versehen, in der das offene Feuer brennt. Daneben ist die Aschengrube. Der Herd ist immer
einer Ecke angepaßt. An der Hinterwand auf demselben steht die Hennensteige, von der
ein Mauerloch ins Freie leitet. An der Seitenwand ist die „Herdbank" befestigt. Da sitzen
an Winterabenden die Männer, stellen die Füße auf die warme Feuerstatt und schauen der
Bäuerin beim Kochen der Abendmahlzeit zu. Im Rauchfang hängen an langen Holzstangen
Speckstücke, Schwein- und Schaffleisch; die übrigen Eßvorräthe, mit Ausnahme des Mehl-
kastens, birgt der anstoßende Gaden. Hier winken die appetitlich gelben Butterknollen,
Schmalz, Eier, kurz alle Lebensmittel, die man nicht der Kühle halber im Keller aufbewahrt.
Die Schlafkammern befinden sich fast immer im ersten Stock, nur im Oberinnthal
und Vinstgau, wo der ganze Vordertheil des Hauses bewohnt ist, schlafen wenigstens
Eheleute und kleine Kinder im Erdgeschoß, während sich oben die „Stubenkammer" und die
„Küchenkammer" für die erwachsenen Söhne und Töchter, sowie für das Gesinde befinden.
Vom Hausgang führt eine meist steile Holzstiege hinaus. Die große Kammer voruheraus
über der Stube ist das Schlafgemach des Bauern und der Bäuerin. Es ist mit allem
bäuerlichen Luxus ausgestattet. Da steht das breite doppelspäuuige Ehebett, schöu himmel-
blau angestrichen und bunt bemalt. Häufig sieht man darauf das Auge Gottes abgebildet
und darunter den Spruch:
Gott lieben ist die schönste Kunst,
Die schönste Kunst auf Erden,
Wer anders liebt, der liebt nmsunst
Und kann nicht selig werden.
back to the
book Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Tirol und Vorarlberg, Volume 13"
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Tirol und Vorarlberg, Volume 13
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Tirol und Vorarlberg
- Volume
- 13
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1893
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 16.12 x 23.1 cm
- Pages
- 624
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch