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Nun etwas über die Volkstrachten.
Eine eigentliche Männertracht hat sich bei den Romanen Südtirols heute nirgends
mehr erhalten. Die früheren hellen und grellen Farben sind verschwunden, Alles an der
Kleidung ist mehr oder weniger einförmig, grau, braun oder schwarz. In älterer Zeit gab
es in verschiedenen Thälern auch Verschiedeue Mannstrachten, für deren Kenntniß alte
Votivbilder in Wallfahrtskirchen mitunter recht lehrreich sein können. So trugen um
einige Beispiele anzuführen, die Männer in Fleims weiße Röcke mit breiten Aufschlägen
und langen Schößen; die Knöpfe waren blau oder roth und die Knopflöcher mit Bändern
von gleicher Farbe eingefaßt. In Faffa trugen die Männer einen hohen eylindrischen
schwarzen Hut mit einem Band und mit zwei Troddeln aus Goldfäden; natürlich durften
Blumen als Schmuck nicht fehlen. Die Tuchjacke war schwarz oder grün, das Leibchen
(Gilet) scharlachroth; zwischen diesem uud den kurzen Lederhosen ging eine weiße Binde
um den Leib, wie auch die Strümpfe weiß waren. Bei festlichen Anlässen ist auch heute
noch der Baudieral, wenn er mit seiner Fahne ausrückt, so, nur noch etwas feiner gekleidet.
Die noch vor hundert Jahren in Vallarsa (bei Rovereto) von schmucken Burschen an Fest-
tagen getragene Kleidung erinnert lebhaft an die Tracht der Sarnthaler (bei Bozen): eine
scharlachrothe kurze Jacke mit gleichem Leibchen, ein aufstehender weißer Halskragen uud
eine Krause auf der Brust, ein niederer schwarzer, breitkrämpiger Hut, eine ausgeuähte
Leibbinde von Leder oder auch eine Binde von Seidenzeug, iu welcher Messer uud
Pistolen staken, und kurze lederne Hosen. Außerdem soll auch in Vallarsa wie in den
sieben deutschen Viceutiuer Gemeinden das Tragen von Gewehren üblich gewesen sein,
welche beim Eintritt in die Kirche außen an die Mauer gelehnt wurden.
Es gibt allerdings noch heute gewisse Typen von Männern, welche sich in der nicht
zu beschreibenden Art sich zu kleiden je nach ihrer Beschäftigung einer dem anderen ähnlich
sehen. So die Schleifer (i malet) aus Reudens und die Grasmäher (i ssAantim) aus
Reudens und dem oberen Sulzberg, welche mit ihren Werkzeugen ausgerüstet im Früh-
jahr auf Feldarbeit nach Italien ausziehen und im Spätherbst wiederkehrend ihren Lieben
zu Hause nebst dem sauer erworbenen Lohne einige kostbare Weizenbrötchen (clü2?eul) als
Leckerbissen mitbringen. Weiter die unverwüstlichen carrettieri (Fuhrleute), welche mit
ihren hohen zweirädrigen, unter schweren Lasten knarrenden Karren und ihren Maul-
thieren trotz der Eisenbahn noch auf den Straßen des Etschthals zu sehen sind. Kaum
sind sie aber heute mehr zu sehen — die hartknochigen, wetterfesten klulattieri (Maulesel-
treiber), welche mit ihren zerknitterten breitkrämpigen Hüten und den Zipfelmützen
darunter und mit gemsledernen kurzen Hoseu reihenweise mit schwerbeladenen Maul-
thieren, denen sie ab und zu ein kräftiges Schelt- oder Fluchwort zuriefen, die rauhen
Bergwege auf und ab zogen, an schon herkömmlich bestimmten Stellen anhielten und aus
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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Tirol und Vorarlberg, Volume 13
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Tirol und Vorarlberg
- Volume
- 13
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1893
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 16.12 x 23.1 cm
- Pages
- 624
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch