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Die den Volksliedern gegebenen Benennungen stimmen nicht immer mit denen
anderer Länder überein. Den toscanischen Rispetti , den alten sieilianischen Stramb otti
oder St rani motti, den Vettere und Serenate, die vor den Fenstern der Geliebten mit
Musikbegleitung gesungen werden, den venetianischen Villotte, den sriaulischeu Furlaue
entsprechen in Wälschtirol, wenigstens dem Begriff nach, die sogenannten Maitinade
oder Serenade, welche im Tesinothal auch Lunti ulla pustoru heißen, während sich
sonst für die Volkslieder auch nur die allgemeine Benennung Cauti, Cauzoni,
Cantade oder Cantadine findet.
Unter den Maitinade, welche besonders den Bauern und Gebirgsbewohnern von
Rendena, Tesiuo und Arco eigen sind, findet man neben zarten Liebesliedern solche, die
rauh und trotzig, ja wild und heftig klingen, wenn der Liebhaber keine Gegenliebe fand,
sondern verschmäht oder verspottet wurde, oder wenn er gewahrte, daß ihn ein anderer
Freier bei seiner Geliebten ausgestochen hat. Die Sprache dieser Volkslieder ist nicht
immer die reine Ortsmundart; viele enthalten eine Mischung der italienischen Schrift-
sprache mit der eigenen Mundart. Die Reime sind nicht immer regelrecht und fehlerfrei,
bisweilen sind es nur Halbreime, welche zu dem spontanen Gedankenausdruck besser passen.
Die Maitinade werden von den Verliebten gewöhnlich in stiller Nacht unter den
Fenstern der Ortsschönen gesungen und nicht selten bis Tagesanbruch fortgesetzt,
besonders in den Samstagsnächten, weil die Sänger Sonntags früh nicht an die harte
Arbeit gehen müssen. Sie begleiten den Gesang mit der Zither oder auch mit der Geige,
mit der Handtrommel und Ziehharmonika. Eine Maitinada aus dem Reudeuathal lautet:
8c»n veßnü ki per iar sta eantaäina
doxli strninenti eke senti a sonare,
I sona la inanfrina e la inareiacZa:
Lon ve^nn ki per 5ar 8ta inaitinaäa.
6ara, carina, no poss tar 6e ineno
De noininarve Lette volte al Fiorno;
In czueLta noite, ek'tio 6orini sul keno,
son soniaw ede Firava 'ntorno,
L vol Fk' aveve 'n man na. della rosa,
(^tie 1'era bianea, rossa e o^vrosa;
L voi nie I'ave 6ata 6a nasare
L m'ave Latto 'n cznella ^esrnisiare,
Od cke piaeere! ok eke del ^oäimento!
^neke 60mani, se sara bei tempo. Ich eile zu Dir ein Ständchen zu bringen,
Beim Klange der Saiten hör'Liebste mein Singen!
Es klinget Manfrina und klinget Marciada:
Her eilt ich zu singen die Maitinada.
Es dränget sich siebenmal täglich dein Name
Du theure Geliebte an meinen Mund.
Vergangene Nacht, als würde ich wachen,
Da träumt ich im Heu zu wonniger Stund":
Du hieltest in Händen ein Röslein so schön,
Volldustend, in Weiß und Rosa zu sehn;
Du reichst mir die Blume, ich schwelgte im Duft —
Da schwand der Traum in eitel Lust!
Doch will der Himmel mich sürder beglücken,
So wird er den Traum auch heute mir schicken.
Eine Maitinade, gedichtet zum Zeichen der Verachtung, beginnt: ?a3so äe kl per
NO paLsai- de soi-a, no passo xei- ti, drutta lavi-a (ereawia) zc., das will sagen:
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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Tirol und Vorarlberg, Volume 13
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Tirol und Vorarlberg
- Volume
- 13
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1893
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 16.12 x 23.1 cm
- Pages
- 624
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch