Page - 335 - in Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Tirol und Vorarlberg, Volume 13

335 Trauerspiel: ,1,'Lrve Oistiano" oder der glorreiche Märtyrertod vom heiligen Georg. ,I/eroica cvstan?a nella vera kecke" oder die heldenmüthige von Thomas Moro, Kanzler des Königreiches England, im wahren Glauben bis zu seinem Tode bewahrte Standhaftigkeit, hieß ein Stück, das von einigen Dilettanten des Dorfes Terlago am 9. und 16. August 1795 aufgeführt wurde, uud , kiappi-esenta^wns ckella Naseita ckel Lamdino Kesü", eine Vorstellung, die in Baselga und Pin'e am 29. August und am 5. September 1802 stattfinden sollte, »ll <Ziu«Zixi«z Universale" wurde auf der Bühne des Gemeiudeplatzes von Cavedine am ersten Sonntag des Monats August 1815 von der Dilettantengesellschaft des Dorfes aufgeführt u. s. f. Die Bühne wurde damals wie auch jetzt noch in vielen Ortschaften unter freiem Himmel auf dem Ortsplatze errichtet; die Spieler waren und sind Dorfbewohner, und die Zuschauer strömen von allen Nachbardörfern herbei. Noch vor vierzig oder fünfzig Jahren war es allgemeine Sitte, geistliche Schauspiele aufzuführen; jetzt hat sich diese Sitte nur noch an einigen Orten erhalten. Es werden meistens heilige Handlungen von Metastasio dargestellt oder auf den Schutzheiligen des Ortes bezügliche Schauspiele, ferner ,1.a Kassiane cki Nostro sonore", ,11 6iucki?io Universale", „k'araons". ,Il Aristo ?assc>" von Pona und sogar ,11 Nabueväonosoi" und -Danie le" , zwei sehr alte geistliche Spiele. Noch jetzt gehen zu Weihnachten in manchem Orte Bauersleute von Haus zu Haus, um die Geburt Christi darzustellen, und auch Kinder um den ,?uer natus" oder die ,puerna" zn singen, ein Wort, welches jetzt in der Mundart von Trient Singsang (eantilena) bedeutet. Die Rollen in solchen Spielen waren Männern zugetheilt, allein in neuester Zeit wurden an einigen Orten auch Frauenspersonen zugelassen. Die Vorstel- lungen haben hauptsächlich einen religiösen und sittlichen Zweck, und die Landleute hören und sehen mit einem gemischten Gefühl von Neugierde und Andacht zu. Die lustigen Episoden sind gleichsam ein Ruhepuukt für das religiös erschütterte Gemüth und mäßigen die Kraft und den Ernst dieser Empfindung. Lebendiger als in anderen Gegenden Wälschtirols hat sich die Vorliebe für derartige Schauspiele im Fleimsthal erhalten. Dort bringen die Ortsbewohner tausend Opfer an Zeit uud Geld, um das ersehnte Ziel zu erreichen, ein Schauspiel zu lesen, die Rollen abzuschreiben, mehrere Monate hindurch Proben abzuhalten und mit jener Zähigkeit des Entschlusses, welche durch die Begeisterung für eine als nützlich erachtete Sache entsteht, die Bühnenanordnungen zur Aufführung des Schauspiels mit getreuer Nachahmung der Wirklichkeit zu treffen, um dann feierlich die Bühne zu besteigen, erwartet von einem aus allen Nachbarorten in hellen Scharen herbeigeströmten Zuhörer- kreis, welcher mit Spannung dem schönen und eindrucksvollen Spiel folgt, worin die Unschuld upd die Gerechtigkeit siegen, der Gottlose aber verdammt, der Heuchler