Page - 358 - in Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Tirol und Vorarlberg, Volume 13

358 Rheinthal und an den See führt, haben sich „Straßendörfer" entwickelt; ihr Stamm ist stark in die Länge gezogen, treibt aber oft nach rechts und links Äste und Zweige. Das größte Wesen dieser Art ist Dornbirn. Auch Ortschaften, die von der gegenwärtigen Hauptstraße abliegen, gehören hieher; so z. B. Ludesch, das im Volksmund den bezeichnen- den Namen „das lange Dorf" führt. Häufig schart sich eine Anzahl Häuser, oft nur weuige, in der Nähe der Kirche znsammeu uud umschließt einen Platz, der manchmal „Hof" genannt wird; man denke an Schwarzenberg und Lingenau! Auch Schruus, St. Gallen- kirch nnd Gafchnrn haben solche Ringe, und nicht vergessen wollen wir den Dorfplatz von Gurtipohl, der so eigenthümlich von Häusern und „Schermen" umfriedet ist. Von diesem Mittelpunkt der Gemeiudeu abgesehen, vertheilen sich die Häuser in mehr oder weniger weit auseinandergerückte Weiler oder bedecken als Einzelhöfe die Vorsprünge und Abhänge des Gebirges. Während im Hinteren Bregenzerwald „inner den Stiegeln" geschlossene Dörfer vorwalten, lagern im Votderwald und in den Walserthälern, an den Halden des Sulzbergs und auf den Gehängen über Schrnns und Tfchaggnns die Gehöfte zerstreut. Von den Hänsern wollen wir nur weuige Typen hervorheben. Wenn wir das Bregenzerwälderhans zuerst erwähnen, so geschieht es, weil im Walde die stattlichsten Gebäude ragen. „Man sollte nicht denken", schrieb vor fast einem halben Jahrhundert Vater Steub, „daß zwischeu hölzerneu Häusern ein solcher Abstand sein könnte, wie zwischen den Hütten in Dnx und den Palästen im Bregenzerwald." Vor seinem Geiste standen da wohl die zweistöckigen im schuppigen Schindelpanzer prangenden Gehöfte der lachenden Flur von Andelsbuch. Diese vertreten aber nicht die einheimische Bauweise, sondern sind durch fremde Einflüsse in unsern Zeiten entstanden. Viel traulicher spricht uns jenes Haus an, das noch in edler Einfachheit besonders in den Hinteren Dörfern von Beza» bis Schoppernan gefunden wird. Auf gemauerter Grundlage erhebt sich der einstöckige Bau aus behaueueu Blöcken mit sanftanlaufendem, weit ausladendem und steinbeschwertem Schindeldach. Au eiuer, manchmal auch an beiden Laugseiteu zieht eiu „Schopf" hin, eine Vorhalle, die dnrch eine Brustwehr und mehrere Säulen, welche die „Laube" tragen, gegen außen abgegrenzt wird. Ein solcher Schopf ist das eigentliche Merkmal des Wälder- hauses; er dieut im Sommer als Speise- und Sprechsaal nnd manche Stickerin sitzt den größten Theil des Tages dort. Durch ihu tritt man auch in das Haus. An älteren Häusern sieht man noch dunkle Bemalung, Sprüche und Jahrzahlen, aber auch vou ihueu wurdeu viele mit einem Schindelpanzer bekleidet. Vom Eingang gelangen wir in die Küche uud vou ihr in die Stube und den Gaden. Im ersten Stockwerk sind außer der Laube noch Kammer, Hinterkammer und Dille untergebracht. Die Stalluug liegt unter demselben Dach wie das Haus. Dies ist auch beim Rheinthaler Hause der Fall, dessen