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Heilige in Montavon und Walserthal zwar an seinem Festtag die Kinder besucht, aber
erst am Weihnachtabend „einlegt". Wie sonst der Storch bringt im oberen Vorarlberg er
die kleinen Kinder; dabei versetzt er der Mutter einen „Sparz" (Tritt), so daß sie eine
Zeitlang das Bett hüten muß.
Die Liebe sucht ihre geheimen Wege. Der junge „Wälder" geht „auf den Strich"
oder zur „Stubat". Zu diesem Zweck entwischt er heimlich nächtlicher Weile dem Vater-
haus und klimmt auf einer Leiter zum Kammerfenster des Mädchens. Er verhüllt das
Gesicht und „verkehrt die Rede", das heißt, er sucht sich unkenntlich zu machen, bittet jedoch,
die „Motol" möge ihn in die Stube lassen. Die Holde verlangt, daß er „recht rede" und
sich zu erkennen gebe; sodann weist sie ihn an Vater und Mutter, die nun von ihm geweckt
werden. Erhält er günstigen Bescheid, so öffnet das Mädchen dem Gast die Wohnstube,
wo das Paar bis gegen Morgengrauen traulich verbleiben mag. Manchmal wird Schnaps
oder Kaffee aufgetischt, manchmal bringt der „Bnob" Wein mit, der bei solcher Gelegen-
heit „Bettler" oder „Fisis" heißt. Es gilt als Regel, daß mindestens ein Fenster
unverhüllt bleibe, andernfalls sind die schwärmenden Nachtbuben geneigt, die Laden zu
zertrümmern und Unfug zu treiben. Aber anch sonst muß sich das liebende Paar
manche Neckerei gefallen lassen, ja es kommt auch zu Prügeleien und blutigen Thätlich-
keiten. Haben sich die Liebenden zur Heirat entschlossen, so erfolgt häufig auch jetzt
uoch nach altem Brauch der „Antritt". Der Bursche besucht in Begleitung eines
Freundes, hinlänglich mit Wein versehen, nach Einbruch der Nacht das Haus der
Zukünftigen und feiert mit ihren Angehörigen den „Einstand"; man könnte diesen Act
die Verlobungsfeier nennen. Der eigentliche Brautstand, das „Hochzeitleben", währt jetzt
im Walde meist nur acht Tage. Am ersten Verkündtag erscheint das Brautpaar nicht
in der Kirche des Heimatsortes; dieser Tag und die folgende Woche werden zu Besuchen
und Einladungen in fremden Gemeinden und der eigenen benützt. Hochzeiter und Hoch-
zeiteriu tragen als Abzeichen Rosmarinzweige, jener auf dem Hut, diese im Mieder. Die
Geladenen, welche nicht zur Feier kommen, beschenken die Braut; mau hat dafür den
Ausdruck: „a d' Wicko" (an den Spinnrocken) geben. An einem der Tage wird das
Brantfnder überführt. Nachbarn und Freunde halten einen mit Inschrift versehenen
Kranz oder ein Band über die Straße und der Hochzeiter erkauft den freien Durchzug.
Das künftige Heim findet das Paar mit Kränzen und Inschriften geschmückt und der
Einzug wird oft durch Schüsse begrüßt. Zum Kirchgang schließen sich dem Paare
gewöhnlich uur die nächsten Verwandten an, doch gibt es auch Brautführer, „Junker"
und „Jungfrauen". Die Braut trägt das „Schäppele" und den Leidmantel, wenn sie
aber Witwe ist, die „Stnche"; findet eine Hochzeit mit Tanzmusik statt, was nicht immer
geschieht, so wird dem Tanz eifrig gehuldigt. Jetzt tanzt man im Walde fast nur mehr
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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Tirol und Vorarlberg, Volume 13
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Tirol und Vorarlberg
- Volume
- 13
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1893
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 16.12 x 23.1 cm
- Pages
- 624
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch