Page - 389 - in Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Tirol und Vorarlberg, Volume 13
Image of the Page - 389 -
Text of the Page - 389 -
389
Ferdinand II. von Tirol, zum Verfasser, an dessen Hof das Drama ausgiebige Pflege
fand. Ein Jahrhundert später hat sich der Erzherzog Karl Ferdinand als eifriger Gönner
des deutschen Schauspiels gezeigt und die Truppe der „Juspruggischen Hofcomödianten"
war auch außerhalb Tirol bekannt und beliebt. In den Jesuitenschulen dagegen wurde
seit der zweiten Hälfte des XVI. Jahrhunderts mit dem üblichen Pomp, meistens in
fremden Sprachen, lateinisch oder italienisch, gespielt. Lateinisch war auch die Sprache der
Humanisten in ihren Gelegenheitsdichtungen und Preisgedichten, welche schon dadurch
weiteren Kreisen entfremdet wurden. Hier überragt alle anderen Tiroler weitaus der Jesuit
Nikolaus Avancini aus Brez im Nonsthal, der wie Balde mit großer Meisterschaft
Oden in lateinischer Sprache und lateinische Schauspiele schrieb. Avancini war „Hofdichter
der Ferdinande und Tyrtäns des österreichischen Heeres im dreißigjährigen Kriege".
Er zeigt tiefe Trauer über die Zerrüttung Deutschlands, schildert mit ergreifenden Zügen
die Schrecken des Krieges und hofft nur vom Kaiser Frieden und Glück für Reich und
Volk. Große Fertigkeit in lateinischen Versen, die ihm besser gelangen als die steifen Alexan-
driner in deutscher Sprache, besaß auch Michael Wiuuebacher (1656 bis 1742).
Er war geboren zu St. Martin in Passeier, wo sein Vater Donatus Mehner, Bäcker und
Maler war, und hatte schon in der Schule der Jesuiten zu Innsbruck seinen Lehrern als
Dichter, Sänger und Schauspieler Achtung abgewonnen. Nachmals hat er als Seelsorger
zu Moos in Hinterpasseier segensvoll gewirkt und in diesem stillen Winkel neben frommen
Liedern auch heitere weltliche Sachen gedichtet, wo sich ein derber realistischer Humor in den
steifen Formen der Jesuitenschule oft ergötzlich genug ausnimmt. In weiteren Kreisen sind
von den längeren Gedichten besonders „Der deutsche Kummersee" und das komische
Epos „Einbruch in einen Weinkeller" bekannt geworden; wie glücklich der Dichter kecken
drastischen Humor mit classischen Erinnerungen zn verquicken wußte, das zeigt am besten
„Der Mooser Kirchtag". Hier sind seine Pfarrkinder als Schafe und Böcke hingestellt, er
selbst erscheint als Mölibäns Wurstmacher, bestellter Schafhirt vou Moos. Er durfte noch
über den Tanz im Stadel beim Geklimper des Hackbretts scherzen, während später Sang
und Tanz in Acht und Bann gethan wurden. In Vorarlberg dichtete gleichzeitig der begabte
Laurentius von Schnüffis, dessen „Mirantisches Flötlein", „Mirantische Mayen
Pfeiffen", „Mirantische Maultrommel" (1695) in ihrem Stil an die Pegnitz-Schäfer,
im Inhalt an Angelus Silesius eriuuern, während Josef Galla n da dort seinen
„Seelenseufzer" in flüssigen Alexandrinern schrieb.
Unter der Regierung der Kaiserin Maria Theresia und des Kaisers Josef II. zog
eine frischere Luft durch unsere Thäler. Für Unterricht und Bildung war nun besser
gesorgt als in den Zeiten der drückenden Gegenreformation, überall begann geistiges
Leben und Streben neu zu erwachen. Die Dichtungen von Haller, Gottsched, Gellert,
back to the
book Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Tirol und Vorarlberg, Volume 13"
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Tirol und Vorarlberg, Volume 13
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Tirol und Vorarlberg
- Volume
- 13
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1893
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 16.12 x 23.1 cm
- Pages
- 624
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch