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der Altar in St. Wolfgang, bereits an anderer Stelle unseres Werkes besprochen und
abgebildet worden ist, wollen wir wenigstens zwei seiner übrigen Werke näher betrachten,
nämlich die im Besitz des Herrn von Vintler in Bruneck befindliche Chortafel und den
aus Bozen stammenden Altar im Münchener Nationalmuseum.
Die Chortafel in Bruneck besteht aus einem Maria mit dem Kinde vorstellenden
Mittelbilde und zwei von diesem durch gothische Pfeiler geschiedenen schmäleren Feldern,
welche die Bildnisse zweier Heiligen in ganzer Figur enthalten. Alle drei Bilder werden
von einer reichen spätgothischen Architektur, die den Meister im Grieser Altar wieder
erkennen läßt, gekrönt. Die heilige Jungfrau sitzt, das göttliche Kind im Schoß, in voller
jungfräulicher Unschuld und Anmuth auf dem Throne, hinter welchem zwei reizende Engel
mit der einen Hand einen aufgerollten Teppich, mit der anderen eine Krone über der
Himmelskönigin halten. Die in den beiden schmäleren Feldern dargestellten Heiligen
St. Margareth und St. Barbara, welche aus der deeorativeu Umrahmung und vom
Goldgrunde in leuchtender, kräftiger Farbe hervortreten, sind mit ein wenig gesenktem
Gesicht gegen die lebensvolle Mittelgruppe gerichtet. Das fein geschnittene Gesicht der
Margarethe zeigt einen ungemein ruhigen Ausdruck; beide, in faltenreichen Stoff gekleidete,
individuell aufgefaßte Heiligeufigureu voll ernster Schönheit und Lebenswahrheit sind in
offenbarem Zusammenhang mit dem Mittelbild gedacht. Die Farbengebung ist sehr
sorgfältig. Das Gemälde erscheint als ein Spiegelbild Eigenen frommen Sinnes und eines
durch Studien ausgebildeten Naturgefühls.
Der dem Meister Pacher zugeschriebene Altar im Natioualmuscum in München
stimmt zwar nicht vollständig mit dem aus der Brunecker Chortafel sprechenden Geiste des
Künstlers überein und ist daher einer früheren oder späteren Zeit seiner Productivität
zuzuschreiben; unter allen Umständen verdient jedoch dieses zu den besten Werken der Zeit
Pachers zählende Werk nähere Erwähnung. Das mit tiefreligiöser Gemüthlichkeit
cmpsnndeue, meisterhaft geschnittene Mittelbild zeigt uns im Vordergrund Maria und
Joseph mit dem Kinde. Das Kindlein ruht zwischen beiden auf dem Mantel, den die in
sinnender Andacht knieende, den Blick auf den neugeborenen Heiland herabfenkende heilige
Jungfrau vor sich ausbreitet. Vier liebliche Eugelcheu halten kniend die Enden des reich
und geschmackvoll in Falten gelegten Mantels. Eine niedere Mauer treuut die liebliche
Scene von den andrängenden Hirten und den im Hintergrund mit großem Gefolge
erscheinenden morgenländischen Königen. Zwei der vorausgeeilten Hirten lehnen sich bereits
in Bewunderung und Andacht rechts und links über die Mauerbrüstung, an die sich auch
die beiden Krippenthiere drängen, während darüber drei Engel ihr tUoi-ia in excelsis
anstimmen. Die ungemein reiche Komposition, die perspektivisch wohlgeordneten Gruppen
und die Einzelfiguren, unter welchen vor Allem die edle jungfräuliche Gestalt Mariens
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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Tirol und Vorarlberg, Volume 13
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Tirol und Vorarlberg
- Volume
- 13
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1893
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 16.12 x 23.1 cm
- Pages
- 624
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch