Page - 563 - in Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Tirol und Vorarlberg, Volume 13
Image of the Page - 563 -
Text of the Page - 563 -
563
letzten zwei Decennien nimmt nun auch der italienischsprachige Landestheil lebhaft am
Wettbewerbe Theil und wird dem Obstbau eiue allgemeine Bedeutung beigelegt. Wenn
Tirol als das Schmuckkästchen der österreichischen Obstprodnction bezeichnet wird, so
hat dies seine Berechtigung, indem wohl kaum in einem anderen Kronland in gleich
intensiver Weise Obstbau betrieben und namentlich die Qualitätsfrage so sehr in Betracht
gezogen wird.
Die große Verschiedenheit des Gebirgslandes in Lage und Bodengestaltung bringt
es mit sich, daß dieses Land eine seltene Mannigfaltigkeit an Früchten der verschiedensten
Art aufweist, die noch dadurch gesteigert wird, daß die einzelnen Varietäten in ganz ver-
schiedenen Perioden reisen, so daß es nicht schwer fällt, neben der Orange, der Feige, der
Traube, dem Granatapfel, der Kastanie und dem Spätherbstobst auch die ganze Reihe
der in wärmeren Lagen bereits im Frühsommer reifen Früchte, die Johannisbeere, die
Kirsche, die Marille gleichzeitig hervorzubringen. Abgesehen von Orangen und Citronen,
welche vielfach iu Gärten, namentlich an den Ufern des Gardafees auch im Freien gezogen,
über Winter wohl dnrch entsprechende Schutzwände von Glas oder Brettern vor dem
immerhin kalten Winter geschützt werden müssen, finden sich nebst den Hauptobstsorten,
als Birnen, Äpfeln, Kirschen, Weichsel», Aprikosen (Marillen), Zwetschken, Pflaumen,
Pfirsichen, Mandeln, sowie Quitten, Mispeln, den Cornelkirschen, dem Beerenobst, wie
Johannis-, Stachelbeeren, Himbeeren uud deu Waldbeeren, den Preißel- und Brombeeren,
Heidel- und Erdbeeren, endlich der eßbaren Kastanie, den Hasel- und Wallnüssen, als
südliche Fruchtbäume die japanesische Mispel, der Olivenbaum, die Früchte der Pinie
(Pignolien, Piniennüsse), der Erdbeerbaum, die echte Lotuspflaume (viospz-rus lotus),
die amerikanische Lotuspflaume (Vivspyrus virAiniana), endlich die japanesische Lotus-
pflaume (viosp^rus kaki) und andere.
Obgleich über die Geschichte des Tiroler Obstbaues so gut wie keine Daten nieder-
gelegt sind, so steht es doch außer allem Zweifel, daß derselbe sehr alt ist.
Einen allgemeinen Aufschwung nahm der Obsthandel und damit auch die Obstpro-
ductiou nach der Eröffnung der Schienenwege. Während früher der Transport des
Obstes nach München auf der Landstraße, zum Theil durch die typischen Karrenzieher
und Hausirer und nach Wien meist zu Wasser, in nur verhältnißmäßig kleineren Mengen
erfolgte, bemächtigten sich nun tüchtige Kaufleute in Bozen und Wien des Tiroler Obst-
handels, und es steigerten sich sowohl der Absatz wie die Preise, was wiederum
eine weitere Ausdehnung des Obstbaues nach jeder Richtung zur Folge hatte. Leider
hielten die hohen Preise nicht lange an uud wurde der Export nach Rußland, welches
Land einer der Hauptconsnmenten der feinen Sorten, namentlich des weißen Rosmarin-
apfels war, sowohl dnrch die Entwerthnng des Rubels als auch durch deu bedeutenden Zoll
SV»
back to the
book Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Tirol und Vorarlberg, Volume 13"
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Tirol und Vorarlberg, Volume 13
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Tirol und Vorarlberg
- Volume
- 13
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1893
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 16.12 x 23.1 cm
- Pages
- 624
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch