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Das Schloß in Tetschen galt einst als Schlüssel von Böhmen. In anderem Sinne
kann nun die Stadt Tetschen mit der Schwesterstadt Bodenbach und dem vielbekannten
Umschlagsplatz Laube als ein Schlüsselpunkt bezeichnet werden, als eine Hauptverkehrsstätte,
wo die Naturschätze und Kunsterzeugnisse unseres Landes gegen die Waaren fremder Länder
umgeschlagen und ausgetauscht werden. Die wunderbare Umgebung bildet gleichsam einen
herrlich grünen Kranz um das immer rege Waaren- und Menschengewimmel. Ziemlich
hoch (346 Meter) liegt Arnsdorf, ebenso Rosendorf (317 Meter). Auch sonst wäre so
manche Ortschaft zu nennen, die durch liebliche Umgebung und mancherlei Sage oder
Besonderheit sich auszeichnet, aber die Hanptverkehrspnnkte bleiben doch Tetschen und
Böhmisch-Kanmitz, Herruskretschen und Dittersbach, letztere nur für die Touristik, erstere
auch für Handel und Industrie.
Wiedas Elbesaudsteiugebiet, so ist auch das südlich desselben gelegene Mittelgebirge
eine Augenweide für den Naturfreund. Obwohl nur ein Haufwerk von hohen uud niederen
Knppen und Rücken, in deren Anordnung das Auge kaum eine Regel findet, hat es doch
durch dieFülle seiner Naturschöuheiteu das uralte Sprichwort veranlaßt, daß derLeitmeritzer
Kreis das Paradies von Böhmen sei. Auch war ja keine Bergform geeigneter zur Anlage
von Ritterburgen und Bergkapellen, zur Aufstellung von Kreuzen uud Heiligenbildern,
sowie zur Errichtung von Aussichtsthürmen als die vulkanische Mittelgebirgssormation.
Das Mittelgebirge besteht aus übereinander liegenden, dem Braunkohlensandstein auf-
gelagerten Basaltdecken, welchen zahlreiche Kegel von Basalt und Klingstein aufgesetzt sind.
Diese Gesteine finden sich häufig säulenförmig mit den mannigfaltigsten Säulenstellungen.
Berühmt sind die Säulen des Herrenhausberges (595 Meter) und die Klingsteinsäulen
am Wüsten Schlosse bei Hillemühl. Der Kugelbasalt zerfällt in Schalen wie eine Zwiebel,
was auf dem Mertendorfer Steinberge beobachtet wird. Noch merkwürdiger sind die zahl-
reichen Eishöhlen und Eislöcher, welche in den Basaltspalten zahlreicher Berge sich finden,
besonders bei Kamaik, bei Mertendorf, auf der Kosel und dem Zinkenstem; ebenso die
ungemein große Einwirkung vieler Basalte auf die Magnetnadel, welche auf einzelnen Bergen
um ganze Quadranten aus ihrerLage gerissen wird. Der Boden ist als fruchtbar zu bezeichnen,
selbst wenn die Äcker mit kleinen Steinen wie besäet sind. Denn die verwitternden Bestand-
theile des Basaltes und Phonolithes sind dem Pslanzenwnchs sehr förderlich. Doch sind die
Felder an den Lehnen und auf den Rücken der Berge sehr häufig mit Steinmauern umhegt,
deren mittelgroßes Gestein auf den Äckern zusammengelesen worden ist. Auf dem Merten-
dorfer Steinberge gibt es zwischen den Basalttrümmerwällen so kleine Äckerchen, daß sie
nicht größer sind als eine Bauerustube, ja bisweilen nur wie ein größerer Tisch. Nie hat
ein Pflug solche Äcker durchfurcht, nie ein Pferd dieselben betreten. Alles muß die Hand des
Menschen leisten, welcher auch auf dem eigenen Rücken den Dünger in Butten hinaufträgt.
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Böhmen (1), Volume 14
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Böhmen (1)
- Volume
- 14
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1894
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 15.78 x 21.93 cm
- Pages
- 634
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch