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„Völkcrwanderungstypns" genannt, besitzen auch die Funde, welche jüngst in den an
Beigaben reichen Skeletgräbern von Podbaba bei Prag und in denen von Lieben (Liben)
gefunden wurden. Mit den Funden von Vinaritz verwandt, aber noch jünger sind die Beigaben
eines vereinzelten Skeletgrabes von Üherce bei Jnngferteinitz in einer im XI. Jahrhundert
stark besiedelten und damals an Weingärten reichen Gegend. Auf der Brust des Skelets
lagen zwei Glas- und eine Bernsteinkoralle, zwei große vergoldete Silberfibeln, am Hals
ein kostbarer goldener Halsschmuck, bestehend aus runden, drei- und viereckigen, mit Buckel»
und Schnurornament verzierten Amuletten aus getriebenem Goldblech; ferner waren hier
zwei silberne Schnallen, zwei 3-sörmige Zierstücke und hinter dem Kopf Glasschalen
gleich jenen von Vinaric und ein von freier Hand verfertigtes Thongefäß, 3-sörmig
verziert und ähnlich jenen von Vinaritz, jedoch vollkommener. Ein ähnlicher Fund wurde
in der Bakody-Pußta bei Budapest gemacht, ähnliche Silberfibeln kommen an den Ufern
der Nordsee vor. Daß dieser Fund etwas jünger ist als jener von Vinaritz, beweist unter
anderem noch der Umstand, daß eine Silberschnalle in Form und Verzierung an die
etwas vollkommenere Bronzeschnalle aus den Skeletgräbern mit 3-sörmigen Ohrringen
von Schüttenhofen mahnt, welche der zweiten Hälfte des XI. Jahrhunderts angehören;
es dürfte derselbe etwa dem VII. oder VIII. Jahrhundert n. Chr. zuzuschreiben sein, gleich
den silberplattirten Scheibeufibelu aus einem Skeletgrabe von Pätek unweit Lann. Die
Schädel von Zalov mit goldenen und silbernen Ohrringen sind wohl um etwas älter,
jünger dagegen die Hradiste-Fnnde von Levy Hradee; der reiche Goldschmuck des Skelet-
grabes vou Zelenky (Schellenken) östlich von Dux gehört wohl schon dem X. oder
XI. Jahrhundert an.
Im Allgemeinen merkt man während der Übergangszeit besonders infolge der
sogenannten Völkerwanderung und des Verfalls des weströmischen Reiches nicht nur einen
Verfall der Handelsbeziehungeil des Landes zum Süden und Osten, sondern auch den
Verfall der einheimischen reicheren Industrie; es tritt eine Verarmung ein, reichere
Beigaben der Gräber werden seltener und nur eine einfache einheimische Arbeit herrscht
noch vor, oder die Gräber enthalten überhaupt keine Metallbeigaben. Namentlich sind es
Schläseuriuge aus Bronze und Silber, an einem oder an beiden Enden 3-förmig
umgebogen, denen man, meist in Begleitung von auf der Drehscheibe geformten Gefäßen
mit Wellenornament (Burgwalltypus), in Reihengräbern, in Urnengräbern und auf den
Hradiste begegnet und die sich bis in das XI. Jahrhundert erhalten haben. Das Motiv
zur 8-sörmigen Verzierung finden wir übrigens auf Bronze- und Goldobjecten (Goldring
von Obkat bei Saaz) schon während der I^a lene-Zeit vielfach vertreten; das Wellen-
ornament der Thongefäße kommt auch schon in Funden aus römischer Zeit, so mehrfach
auch in Niederösterreich vor. Von Fundstationen mit 3-sörmigen Schläfenringen, meist
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Böhmen (1), Volume 14
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Böhmen (1)
- Volume
- 14
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1894
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 15.78 x 21.93 cm
- Pages
- 634
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch