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der Ketzerei durch das Constanzer Concil ganz erfolglos. Erst iin Jahre 1419 befahl
Wenzel auf Andringen des vom Concil gewählten Papstes Martin V. die Wiederein-
setzung der vertriebenen katholischen Pfarrer und ließ auf der Prager Neustadt katholische
Rathinannen einsetzen. Mehrere derselben wurden am 30. Juli 1419 von einer fanatifirten
Volksmenge, welche Johann, ein ehemaliger Chorherr des Prämonstratenserstistes Selan,
nnd der einäugige Ritter Johann Hizka von Trocnov anführten, grausam ermordet,
indem man sie aus den Fenstern des Rathhauses warf und unten mit Spießen auffing.
Wenzel ward vor Ärger vom Schlage gerührt und starb am 16. August.
König Siegmund, der als Erbe Wenzels die böhmische Krone beanspruchte, über-
trug die Regierung der Königin-Witwe Sophia und dem Prager Oberstburggrafen Cenek
von Wartenberg, welch letzterer von Siegmund abfiel und mit den husitischen Pragern
gemeinsame Sache machte. Erst im Mai 1420 kam Siegmund mit einem starken Heere
bis Kuttenberg, verlangte jedoch von den Abgesandten der Prager Städte unbedingte
Unterwerfung, worauf dieselben natürlich nicht eingingen. Im Juli belagerte Siegmuud
mit den in Folge der Kreuzpredigt Papst Martin' V. gegen die Hnsiten eingetroffenen
Kreuzfahrern und mehreren deutschen Fürsten — Herzog Albrecht V. von Österreich,
seinem Schwiegersohn, dem Markgrafen von Meißen und den Herzogen von Baiern — die
von Zizka vertheidigte Hauptstadt Prag, doch wurden die den Berg Vitkov (jetzt Zizkaberg)
stürmenden Meißner von den Husiteu zurückgeworfen. Eine zweite Niederlage erlitt
Siegmund am 1. November unter den Mauern des Bysehrad, als er demselben Entsatz
bringen wollte. Hieraus betrieb Zizka mit uumeuschlicher Grausamkeit die bereits 1419
begonnene Zerstörung der Klöster im ganzen Lande, sowie die Unterwerfung und Cechifirung
der meisten königlichen Städte, wo bis dahin katholische Deutsche herrschten. In Prag
vollzog sich die Cechifirung nach der Flucht der Deutscheu bereits im Jahre 1420, Häuser
uud Landgüter derselben fielen in reichster Fülle den Anhängern des Hnsitismus zu. Uuter
den Städten Böhmens, die als Colonien schon ihrer Entstehung zufolge lauter Sonder-
existenzen bildeten, fehlte jener feste, großartige Genossenschaftsgeist, der die imposanten
Bünde der süddeutschen Reichsstädte uud der norddeutschen Hansestädte gestaltet hatte. So
kam es bereits im Jahre 1421 dahin, daß die meisten königlichen Städte Böhmens dem An-
griff der Hnsitenscharen erlagen, die katholischen Bürger dnrch Feuer und Schwert vertilgt,
ertränkt oder mit Dreschflegeln erschlagen wurden. Aber obgleich die Städte so fast in den
Alleinbesitz der Hnsiten kamen, regierten in ihnen doch nach wie vor die alten deutschen Stadt-
rechte, wenn auch das deutsche Wort verschwand und ihre Satzungen ins Cechische übertragen
wurden. Unbezwnngen blieben nur die Städte Eger, Elbogen, Brüx, Pilsen und Budweis.
Im Vollgefühl der erwähnten Erfolge erklärte der vom Adel Böhmens nnd Mährens
besuchte Landtag ini Jnni 1421 Siegmund als „Todfeind der böhmischen Nation" der
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Böhmen (1), Volume 14
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Böhmen (1)
- Volume
- 14
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1894
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 15.78 x 21.93 cm
- Pages
- 634
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch