Page - 454 - in Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Böhmen (1), Volume 14
Image of the Page - 454 -
Text of the Page - 454 -
454
Er ist derjenige, welcher die Heirat stiftet, die Hochzeitsgäste einladet, die ganze Hochzeit
leitet, Alles besorgt, unzählige Anreden hält, Trinksprüche vorbringt, Alles animirt, in
witzigen Einfällen unerschöpflich ist und überhaupt Alles aufbietet, um unter den Hochzeits-
gästen eine fröhliche und heitere Stimmung zu wecken und bis zum Schluß zu erhalten.
Der ckruZba ist das Factotnm der Hochzeit. Der Bräutigam Genick) wählt unter seinen
ledigen Jugendfreunden einen oder mehrere Brau t führer (mlaäenci), die Braut
(nevesta) ebensoviel« Brau t jungfe rn (äiuSiök?).
Sonntag vor der Hochzeit geht derckru^ba und ein mläcksnee mit einem Rosmarin-
zweig herum, um die Hochzeitsgäste einzuladen. Wer die Einladung annimmt, der schickt in
das Elternhaus der Braut einen Beitrag in die Küche (Geflügel, Butter, Eier und anderes).
Dienstag früh morgens machen sie den Rundweg von neuem und führen die Braut-
jungfern in die Wohnung der Braut. Die geladeueu Gäste versammeln sich beim Bräutigam,
wo sie ein Frühstück einnehmen, worauf der Bräutigam vor seinen Eltern niederkniet und
ihren Segen empfängt. Dann begeben sich alle in die Wohnung der Braut. Ist die Braut
aus einer anderen Ortschaft, so fahren die Gäste hin auf einem Leiterwagen, während der
Bräutigam und die mlääsnci zu Pferde reiten. Unterwegs wird aus Pistolen geschossen
und die Weiber singen Lieder.
Vor dem Hause der Braut augekommeu, finden sie die Thür verschlossen. Der
6ru2bu klopft an, Einlaß begehrend, worauf die Eltern der Braut ihueu aufthun, während
sich die Braut mit den Weibern und Freundinnen (svatbi) in ihre Kammer zurückzieht.
Nach langem Unterhandeln tritt die Braut aus der Kammer heraus, kniet mit dem
Bräutigam vor ihren Eltern nieder und empfängt ihren Segen. Bevor der Weg zur Kirche
angetreten wird, übergibt die Brautjungfer dem Bräutigam ein hübsches, künstlich zusammen-
gelegtes Taschentuch als ein Geschenk von der Braut, in welches ein langer, mit bunten
Bändern geschmückter Rosmarinzweig eingesteckt ist, und befestigt ihm auch ein Sträußchen
auf den Hut. Sämmtliche Hochzeitsgäste bekommen ebenfalls kleine Rosmarinzweige, welche
sie sich auf die Brust (ins Knopfloch oder ins Mieder) stecken.
Nun begibt sich der Hochzeitszug zur Kirche. Voran der äruSdu mit Musik, dauu
folgt die Braut mit dem Brautführer, der Bräutigam mit der Brautjungfer und nach
ihnen die übrigen Hochzeitsgäste. Gewöhnlich wird in die Kirche auf Leiterwagen gefahren;
ist dies der Fall, dann fährt die Braut mit den Kranzeljnngfern auf einen, vierspännigen
Wagen, während der Bräutigam und seine Jugendfreunde reiten. Während der Fahrt
werfen die Weiber den Zuschauern kleine Kuchen, sogenannte metäök^, zu und sind, wie
überhaupt während der ganzen Hochzeit, im Singen und Jauchzen unermüdlich. Nach
der Trauung begeben sich alle entweder ins Wirthshaus oder nach Hause, um dort die
Einladung zum Hochzeitsschmaus abzuwarten.
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Böhmen (1), Volume 14
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Böhmen (1)
- Volume
- 14
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1894
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 15.78 x 21.93 cm
- Pages
- 634
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch