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Preßnitz in Asche legte, unternahm die Preßnitzer Lehrerstochter Enzinann als erste
Harfenistin mit mehreren anderen die erste Musikreise, und die harte Noth des Lebens
trieb sodann immer neue Gesellschaften dazu, diesem Beispiel zu folgen, um sich durch
Musik und Gesang, wofür das sonst frohsinnige Völkchen viel Neigung und Anlage hat,
in der weiten Welt fortzubringen und dann mit dem verdienten Gelde wieder in das geliebte
Gebirge zurückzueilen. Künstlerisch sehr hochstehende Männer haben für den Ruf und die
Tüchtigkeit der erzgebirgischen Wandermusikanten bereits wiederholt literarisches Zeugniß
gegeben. So Anastasius Grün in seinem Gedicht „Das Musikantendorf" (Es blinkt ein
Dörflein in Böheims Land, d'rin, was da lebendig, ein Musikant) und Richard Wagner,
der im „Lande der Harfenspieler und Straßensänger", wie er Deutschböhmen in seiner
Novelle: „Pilgerfahrt zu Beethoven" nennt, von solchen wandernden Musikanten auf der
Landstraße das Beethoven'sche Septuor spielen hörte und entzückt war „über die Reinheit
und das tiefe Gefühl, wie selten von den meisterhaftesten Virtuosen".
Vom Erzgebirge weiter landeinwärts uns wendend, gelangen wir, das Duppauer
Gebirge, das die Abdachung ins Flachland vermittelt, zur Rechten lassend, in die weiten
fruchtbaren Egerebenen, ins mittlere Egergebiet oder Saazer Land. Im Norden und
Westen von dem schützenden Gebirge umwallt, nach Süden und Osten offen, entwickelt es,
durchströmt von dem hier schon stattlichen Egerslnß, dem Anbach, Goldbach und Assig-
bach, eine hervorragende Fruchtbarkeit und beherbergt einen Volksschlag, der bereits wieder
in manchem ziemlich merkbar vom Egerländer und Erzgebirger sich unterscheidet. Im
Durchschnitt etwas kleiner, jedoch gedrungener im Körperbau, ist der Bewohner des
Mittel-Egergebietes, sowie er auch weniger sehnig und kantig erscheint und meist etwas
rundere Formen aufweist, auch um einiges milder und weicher in seinem ganzen Wesen
als sein nördlicherer Nachbar des Gebirges und der Hochflächen. Die wärmere Lnft, das
weichere Wasser, der milde Boden bedingen auch einen dem entsprechenden Menschenschlag.
Wer jemals von der Höhe des Knpserhübels, der eine berühmte, auch von Deutschland
aus gern besuchte Aussichtswarte ins Saazer Land und bis zur Elbe bietet, an einem
klaren Sommertage hinabschaut aus diesen reichen herrlichen weiten Gau, der wird den
ganzen Charakter der Landschaft und ihrer Bevölkerung wohl rasch verstehen. Es
liegt etwas innerlichst Anmuthendes, reizvoll Abwechslungsreiches, Mildfruchtbares und
Herzliches in diesem schönen Landschaftsbild und Volksthum. Schon die Mundart ist
eine viel weichere, rundere, feinere, anmuthende, herzlichere als jene in den oberen
Gebieten. Eigenthümlich ist den Bewohnern des Saazer Landes die helle singende
Sprechweise, die ziemlich weit und selbst bis ins Gebirge hineinreicht. Dieser weiche
singende Ton und Stimmklang ist wohl vor Allem dem weichen Wasser und milden
Bier zuzuschreiben, obschon er auch in den Charakteranlagen innerlich begründet ist;
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Böhmen (1), Volume 14
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Böhmen (1)
- Volume
- 14
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1894
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 15.78 x 21.93 cm
- Pages
- 634
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch