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Es ist natürlich, daß die Pflege der Kirchenmusik, deren Grundlage und Keru
selbstverständlich der lateinische Ritualgesang war, sich vornehmlich in Prag und hier
wieder vor Allem im St. Veitsdom eoncentrirte. Einen besonderen Aufschwung bemerken
wir hier um die Mitte des XIII. Jahrhunderts: die Kathedrale erhielt ein neues Orgel-
werk, 1259 wurde das Institut des Knabenchors (12 »Koni pueri*, auch ,konitanws"
geuanut) ins Lebeu gerufen, die alten, abgenützten Chorbücher wurden dnrch neue
ersetzt n. s. f.
Was die weltliche Tonkunst dieser ältesten Epoche betrifft, so bezeugen die Chroniken,
in denen zwar oft genug, aber immer nur mit sehr spärlichen Worten über den Antheil der
Musik au großen Nationalfesten berichtet wird, wenigstens soviel, daß Gesang, Musik und
Tanz als ein wesentliches Ersorderniß jeder Volksbelustigung, ja sozusagen als ihr Gipfel-
punkt betrachtet wurden. So wurde — um nur einige wenige Beispiele von Instrumental-
mnsik anzuführen — Bretislav II. bei seinem Einzüge in Prag 1092 von den auf den
Gassen aufgestellten Gruppen von Mädchen und Jünglingen, die bei Pfeifen- nnd Trommel-
klang Tänze aufführten, freudevoll begrüßt. Beim Einzüge der Königin Margaretha
1255 erklang Musik „auf verschiedenen Instrumenten", deren beim Krönungsfeste
Wenzels II. im Jahre 1297 sieben Gattungen mit lateinischen Namen aufgezählt werden
(. . . nabla, clrvri, tuka, sambuei^us sonori, rota, ti^ella, liru. . .). Auf
der Heerfahrt gegen Mailand 1158 führte die böhmische Hilfsschaar Trompeten und
Trommeln, was von den deutschen Chronisten als eine Eigenart der Böhmen bezeichnet
wird, während wir diesem Gebrauche in Alt-Rußland wiederholt begegnen. Vladislav II.
ritt sogar voran vor der Truppe der Trompeter und Trommler. Von den Musikern selbst
wissen wir allerdings wenig, nnr durch Zufall, aus Nechtsurkunden erfahren wir hier und
da eineu Namen. Doch mag hicr einer dieser Namen aus dem Anfang des XII. Jahr-
hunderts verzeichnet werden, da er dem ältesten historisch beglaubigten Tonkünstler
Böhmens augehört: es ist Dobrata , der .joeulawi- (Jongleur, das heißt Spielmann
und Sänger, vielleicht zugleich Spaßmacher) des Herzogs Vladislav I., der ihn für seine
Dienstleistungen mit dem lebenslänglichen Gennß eines Grundstückes in der Nähe von
Hohenmaut entlohnte.
Die Lage Böhmens und die Mannigfaltigkeit seiner politischen Beziehungen zum
Ausland brachte es mit sich, daß die fremden Einflüsse, die sich anch in der Tonkunst den
heimischen Elementen gegenüber geltend machen mußten, aus verschiedenen Quellen kamen,
wenn auch bald diese, bald jene Quelle reichlicher als die übrigen floß. Zur Zeit der
Premysliden, namentlich der letzten, überwogen ohne Zweifel deutsche Einwirkungen;
bekannt ist die Gunst, welche die böhmischen Könige seit Wenzel I. der deutschen höfischen
Poesie geschenkt haben. Mit der Erhebung Johanns von Luxemburg auf de» böhmischen
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Böhmen (2), Volume 15
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Böhmen (2)
- Volume
- 15
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1896
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 16.07 x 22.35 cm
- Pages
- 708
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch