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von Ed. Tauwitz geleiteter „Männergesangverein" ins Leben getreten, der nach einer
kurzen utraqnistischen Dnrchgangsperiode sich bald in zwei Vereine spaltete: den noch
heute bestehenden „Deutschen Männergesangverein" und die böhmische „Beseda", welche
jedoch in der Concnrrenz mit dem unterdessen — vorzüglich auf Betreiben des Opern-
sängers Johann Lukes — gegrüudeteu nicht bestehen konnte und in den
Siebziger-Jahren einging. Der „kilaluzl- aber entwickelte sich rasch, namentlich unter der
kunsteifrigen Direction Karl Bendls (1865 bis 1877) zum mächtigsten und bestgeschulten
Vocalkörper Prags, der bald nachher, unter Kittls Leitung zu einem gemischten Chor
erweitert, mit Glück selbst an die schwierigsten Aufgaben, Beethovens 0-6ur-Messe und
Berlioz' Requiem herantreten konnte. Daß die seit der Gründung des Prager
von zahllosen (meist gleichbenannten) Vereinen wie in der Hauptstadt, so im ganzen
Lande eifrigst betriebene Pflege des böhmischen Chorgesanges die beste Wirkung auf die
musikalische Productiou in diesem Gebiete üben mußte, versteht sich von selbst. Eine
mächtige Anregung ging übrigens um diese Zeit von Mähren aus. Der Brüuuer
Augustinermönch Pau l Krizkovsky verstand es wie keiner zuvor, den vierstimmige»
Satz mit volksthümlichem Geiste zu durchdringen und so nicht nur den Chorgesang im
nationalen Sinne zu fördern, sondern auch weitereu, höheren Kunstbestrebungen dieser
Art die Bahu zu ebnen. Unter den zahlreichen böhmischen Chorcomponisten nahm bald
Karl Bendl (geboren 1838 in Prag uud an der Organistenschnle daselbst musikalisch
ausgebildet) die erste Stelle ein; auch eine Reihe größerer Chorwerke mit Orchester,
sowie zahlreiche vielgesnngene Lieder hat er geschaffen.
Die zweite — und wie die Folge lehrte, jedenfalls folgenreichste — Etappe war
die Eröf fnung des böhmischen Jn ter imtheaters am 18. October 1862 und die
bald darauf erfolgte völlige Trennung desselben vom deutschen Landestheater. Das seit
den Vierziger-Jahreu datirende Streben nach einem böhmischen Nationaltheater war
damit zwar noch keineswegs dem Ziele zugeführt, allein eine ausgiebige Förderung wurde
dieser Idee in dem neuen bescheideneu Hause am Franzensqnai doch zu Theil: allmälig
wuchsen und reiste« die künstlerischen Mittel des Theaters und sein (mit dem „Wasser-
träger" inangnrirtes, doch rasch einerseits bei der modernen großen Oper Frankreichs,
andererseits bei Gluck und Mozart angelangtes) Repertoire wuchs und allmälig reifte
auch das Publikum. Zu einem wirksamen Vermittlungsorgan zwischen dem böhmischen
Publikum und seinen Künstlern gestaltete sich sodann gleich in den ersten Jahren ihres
Bestehens (seit 1863) die „Ilrnslockü Lessäa", ein Verein, der Schriftsteller, bildende
Künstler und Musiker umfaßt und schon 1864 dnrch Ausführungen von Liszts „Elisabeth"
und Berlioz' „Romeo und Julie" (gelegentlich der Shakespearefeier) einen erheblichen
Eiufluß anf den musikalischen Geschmack in fortschrittlichem Siuue uahm uud überhaupt
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Böhmen (2), Volume 15
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Böhmen (2)
- Volume
- 15
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1896
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 16.07 x 22.35 cm
- Pages
- 708
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch