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Unter den Übersetzungen lenkt das mystische , ? j even i sv. L i i^ i t ly" (Die Offenbarung
der heiligen Brigitta) die Aufmerksamkeit auf sich. Stituö wird mit Recht der bedenteudste
altböhmische Prosaiker genannt. Meisterhaft weiß er den Reichthum der einheimischen
Sprache auszunutzen, so daß er ihm auch vortrefflich zu Bearbeitungen solcher Stoffe
dient, an die sich bis dahin nur die lateinische Sprache wagte: seine Sprache ist nicht blos
fließend, sondern geradezu von classischer Gediegenheit. Durch den Unwillen und die
Feindschaft der Gelehrten, die in seiner Thätigkeit eine Profanation ihrer wissenschaftlichen
Interessen sahen, ließ er sich durchaus nicht abschrecken; er harrte aus und vollendete
Werke, die eine bleibende Zierde des böhmischen Schriftthums bilden.
Neben der theologisch belehrenden Gruppe verlieren sich beinahe die Prodncte der
historischen Prosa. Auf diesem Gebiete wurde fast Alles lateinisch geschrieben. Den
Ansang machte Cosmas (gestorben 1125), Dechant des Prager Domkapitels, der Vater
der böhmischen Geschichtsschreibung, mit seiner berühmten Chronik von der ältesten Zeit bis
zum Regierungsantritt Sobeslavs l. Seinem Beispiel folgten dann alle angeseheneren
Annalisten, wie Viuceutius, Prager Cauouikus, Gerlach, Abt von Mühlhause»,
Peter von Zi t tau , Abt des Köuigsaaler Klosters (gestorben 1338) und Andere. In
großer Zahl entstanden solche Chroniken während der Regierungszeit Karls IV., der zur
Bearbeitung des historischen Stoffes aufmunterte und selbst erfolgreich Hand anlegte; neben
anderen schrieben in jener Zeit über böhmische Geschichte Johann Mar ignola , Bischof
zn Bisignano in Calabrieu, ein Florentiner, F ranz von Prag , Benes Krabice von
Weitmile und Pribik Pulkava von Hradem'n. Eine böhmische Originalarbeit ist blos
die erwähnte Reimchronik Dal imils .
Ein werthvolles Denkmal juridischen I n h a l t s bildet das sogenannte Rosen-
berger Buch (anfangs des XlV. Jahrhunderts); es enthält Belehrungen über einzelne
Fragen der böhmischen Gerichtspraxis. Auf ihrer Grundlage entstand beinahe hundert
Jahre später eine zweite berühmte juridische Schrift, ,V)IcIa6 nu pravo
(Die Erklärung des Landrechts) von Ondrej z Dube (gestorben 1412), Oberstland-
richter von Böhmen. Sonst beruhte das Hauptwesen jeder jndiciellen Ordnung in
Böhmen, Mähren und Schlesien auf den Laudtafeln, die unter Premysl Ottakar II.
entstanden sind und nicht blos zur Jutabulirnug von Gütern, sondern auch zur Eintragung
wichtiger Entscheidungen der Gerichte, der Landtage, wie überhaupt jener Bescheide, die
politischer Natur waren, dienten, so daß sie infolge dessen die Geltung eines allgemeinen
Gesetzbuchs hatten. Diese Tafeln wurden lateinisch geführt, obzwar die eigentlichen Ein-
tragungen auch böhmisch stattfanden, bis zum XV. Jahrhundert, wo ihre Amtssprache
böhmisch wurde, zuerst in Schlesien (1426), dann in Mähren (1480) und schließlich in
Böhmen (1495).
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Böhmen (2), Volume 15
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Böhmen (2)
- Volume
- 15
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1896
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 16.07 x 22.35 cm
- Pages
- 708
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch