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und des Christoph Harant von Polzitz (gestorben 1621), eines gelehrten Edelmanns,
der nach der Schlacht am Weißen Berge seine politische Lausbahn mit dem Leben büßte.
Eines anderen Edelmanns, des Wenzel Vratislav von Mitrovitz (gestorben 1635)
Schilderung der Drangsale, die er in den Jahren 1592 bis 1595 in schrecklicher
türkischer Gefangenschaft erlitten hatte, ist dem Inhalt und der Form nach eines der
interessantesten Denkmale dieser Zeit.
Weniger intensiv als die Theologie, Rechtswissenschaft und Geschichte wurden andere
theoretische Zweige gepflegt, doch weisen auch sie manches interessante Werk auf. Die
Philosophie verfolgt wie früher die religiös-ethische Richtung; mit Vorliebe werden hier
Sammlungen kurzer Sentenzen und belehrender Tractate zusammengestellt. Von einem
wirklichen Fortschritt zeugen blos die Schriften des Bischofs der Brüdernnität Matthäus
Konecny (gestorben 1622). Auf politischem uud socialem Gebiete äußert sich große
staatsmännische Umsicht in den zahlreichen Briefen des böhmischen Magnaten Wilhelm
von Pernstein (gestorben 1527), des Urhebers des denkwürdigen St. Wenzelvertrages
(1517), und noch mehr in den Arbeiten Karl des Älteren von Zerotkn (gestorben
1636), des Landeshauptmanns von Mähren, von dem auch wahrhafte Muster weltlicher
Rednerprosa herrühren. Einen allgemeinen theoretischen Charakter hat die umfassende
?oli t ia distorieu (1584), die nach Georg Lauterbecks deutschem „Regentenbuche"
Daniel Adam von Veleslavin bearbeitete, und des Georg Zäveta von Zävetie „Lckola
auliea," (1607), eine Sammlung von Belehrungen und Warnungen für Hofleute. Die
Naturwissenschaften wurden allgemein zu ärztlichen Zwecken gepflegt und concentrirten
sich demgemäß am häufigsten in Herbarien oder Kräuterbüchern. Ein umfangreicheres
Werk dieser Art aus der Feder des Arztes Johann EernH erschien mit Holzschnitten im
Jahre 1517 in Nürnberg, aber unendlich wichtiger war das große Herbarium, das
Thaddäus Häjek von Häjek (gestorben 1600), Leibarzt Maximilians II., königlich
böhmischer Protomedicns und vertrauter Freund von Tycho de Brahe, mit Zugrunde-
legung des lateinischen Werkes von Petrus Andreas Mathioli, Hofarzt des Erzherzogs
Ferdinand von Tirol, verfaßte. Es wurde mit kostbaren Holzschnitten im Jahre 1562
(erweitert im Jahre 1596) herausgegeben und behielt auf lange Zeiten hin einen vor-
trefflichen Ruf.
Indem wir andere Fachschriften, namentlich medicinische, astronomische, mathe-
matische und ökonomische übergehen, wollen wir noch kurz die grammatikalischen
erwähnen. Darunter erschien im Jahre 1533 die erste „kraininatika, öeskü" von den
Priestern Benes Optät von Tele und Wenzel Philomathes von Neuhaus, ein zwar noch
unvollkommenes Buch, aber dadurch denkwürdig, daß es dem berühmten Brüderbischof
Johann Blahoslav die Veranlassung gab, eine neue Bearbeitung (1571) mit scharfsinnigen
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Böhmen (2), Volume 15
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Böhmen (2)
- Volume
- 15
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1896
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 16.07 x 22.35 cm
- Pages
- 708
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch