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eine mehr bestimmte und reale Gestalt an. Celakovsky sammelte zn diesem Zweck mehrere
Jahre hindurch einheimische Lieder, erforschte auch die der anderen Slaven, und aus allen
brachte er schließlich eine reiche Sammlung »LIvvanskv naroäni pisnö" (Slavische
Volkslieder, 1822 sq.) zustande. Dann erst entschloß er sich zur selbständigen Productiou
in diesem Genre und vollendete seine besten poetischen Werke ,0KIus pisni rusk^ek«
(Nachhall der russischen Lieder, 1828) und »Otilas pisni (Nachhall der
böhmischen Lieder, 1839). Im ersten sind vorwiegend epische Lieder enthalten, vom
Geiste der russischen Poesie durchdrungen, während im zweiten lyrische Gedichte vor-
wiegen, die den Stempel des böhmischen Volksliedes an sich tragen. Auch in der Kunstpoesie
hat sich Celakovsky als echter Meister bewährt, und zwar in seiner „kiüöe stolistii"
(Centisolie 1840), einer Sammlung theils erotischer, theils paränetischer und speculativer
Gedichte, dann in zahlreichen Epigrammen und in verschiedenen Übersetzungen aus slavischen
und anderen Sprachen. Alles, was er geschrieben hat, zeichnet sich durch elegante, muster-
giltige Form und durchdringenden kritischen Geist aus.
Wie Celakovsky und Kollär als Hauptrepräsentanten der gleichzeitigen Poesie
dastehen, so haben sich auf dem Gebiete der Prosa Pau l Josef Safarlk (1795 bis
1861) und Franz Palacky (1798 bis 1876) den Namen der Classiker ohne Vorbehalt
erworben.
Der Erstere, durch die Größe seines Geistes und durch seine Schicksale Dobrovsky,
durch seinen begeisterten Sinn und musterhafte Ausdauer Jungmann ähnlich, ward in
Kobeljarovo in der Slovakei geboren und unterrichtete längere Zeit an dem serbischen
Gymnasium zu Neusatz, woraus er sich nach Prag begab (1833) und hier lediglich wissen-
schaftlichen Arbeiten lebte. Er starb im Jahre 1861 als Director der Universitätsbibliothek
in Prag. Die schriftstellerische Bahn betrat er mit poetischen Versuchen, die theils
Originale („l 'atrunskÄ Uusu s I^rou slovanskou", die Tatra-Muse mit der
slavischen Leier, 1814), theils Übersetzungen waren, aber bald versenkte er sich mit
Begeisterung in slavische Studien und erzielte da epochemachende Resultate. Den Gipfel-
punkt seiner Thätigkeit bilden die ,3tarv2itnost i slovanskö" (Slavische Alterthümer,
1837) oder Nachrichten über die althistorische Zeit der Slaven seit Herodot (456 vor
Christus) bis zur Verbreitung des Christenthums bei den einzelnen slavischen Stämmen
(988 nach Christus), ein großartiges, an Form und Inhalt classisches Werk, durch welches
das Alterthum eines bedeutenden Theiles der europäischen Bevölkerung von dem darauf
lagernden Gewölk befreit und eine Unzahl eingewurzelter Vorurtheile vollständig widerlegt
wurde. Seine übrigen Arbeiten sah Safarlk zum großen Theile als Vorbereitung zu
diesem Hauptwerk oder als seine theilweise Fortsetzung an; so vor Allem seine „Slavische
Ethnographie", 1842 (Slovunsk^ nüroäczpis), seine „Geschichte der slavischen
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Böhmen (2), Volume 15
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Böhmen (2)
- Volume
- 15
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1896
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 16.07 x 22.35 cm
- Pages
- 708
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch