Page - 122 - in Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Böhmen (2), Volume 15
Image of the Page - 122 -
Text of the Page - 122 -
122
Die Bahn des Byronismus betrat der reich begabte Karl Heinrich Mächa (1810 bis
1836), von welchem das lyrisch-epische Gedicht „UH" herrührt.
Auf dem dramatischen Gebiete ließ der Dilettantismus lange hindurch keine
ernstere Arbeit auskommen. Man berücksichtigte mehr die Bedürfnisse des Theaterpubli-
kums als die Regeln der Ästhetik und die literarischen Anforderungen, wie die zahlreichen
Stücke des Wenzel Thäm (gestorben 1812) oder Joh. Nepom. Stepauek (1784 bis
1844) zur Genüge beweisen. Der Urheber einer mehr künstlerischen Productiou uud dadurch
zugleich der Schöpfer der neuböhmischen dramatischen Literatur tauchte erst nach dem
Jahre 1820 in Wenzel Clemens Kliepera (1792 bis 1859), Humanitätsprofessor
in Köuiggrätz, auf. Beinahe mit 50 dramatischen Stücken, die sämmtlich für die damalige
Zeit gelungene Originalarbeiten waren, hat er die Bühne bereichert. Neben ihm wirkten
verdienstvoll Franz Turinsky (1797 bis 1852) nnd Simeon Karl Machäcek
(1799 bis 1846), beide Nachahmer des deutschen classischen Drama's, Josef Krasoslav
Ehmelensky, Verfasser gelungener Operntexte, Wenzel Alois Svoboda (gestorben
1849) und Andere. In den späteren Jahren that sich durch eine ungewöhnliche Fruchtbar-
keit auf dem dramatischen Felde Josef CajetanTyl (1808 bis 1856) hervor.
Die erzählende Prosa gewann seit W. M. Kramerius immer größere Kreise ihrer
Leser und Bearbeiter; ziemlich lange begnügte man sich jedoch nur mit Übersetzungen und
Imitationen, namentlich deutscher Producte. Geßner, Clauren, Van der Velde boten
einen überaus gesuchten Genuß, viel seltener griff man zu Feuelou, Florian, Chateaubriand
oder Marmoutel. Erst nach dem Jahre 1820 gewinnt die Original-Prodnction mehr
Schwung, namentlich durch das Verdienst des I. H. Marek (Jan z Hvezdy) und W. Cl.
Kliepera, deren historisch-romantische Erzählungen ihre Motive aus der heimischen
Geschichte nehmen und in einem halbpoetischen Stil die patriotischen Saiten wirksam
berühren. Zur eigentlichen Blüte brachte die Belletristik Klicpera's Schüler Josef Caj et an
Tyl, Redacteur der (Blüten), eines in den Dreißiger- und Vierziger-Jahren
vielgelesenen Wochenblattes, Verfasser einer großen Reihe socialer und historischer
Erzählungen, die von warmer Vaterlandsliebe durchdrungen sind; leider wird die reiche
Erfindung, die gewandte Scenerie uud der anmuthige Stil nicht selten durch seichte
Anschauung und sentimentale Überspannung beeinträchtigt. Beinahe gleiche Vorzüge und
Mängel haben die zahlreichen historisch-romantischen Bilder des Prokop Chocholonsek
(1819 bis 1864); sie sind malerisch, überaus lebendig, aber ziemlich häufig auch nach
einer oberflächlichen Schablone angefertigt. — In Erzählungen und Skizzen aus dem
Alltagsleben zeigten eine schöne Begabung der Humorist Franz Jaromr'r Rubes
(1814 bis 1852), dann Josef Ehrenberger (1815 bis 1882) und Franz Pravda
(Adalbert Hlinka, geboren 1817), beide treue Schilderer des böhmischen Landlebens.
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Böhmen (2), Volume 15
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Böhmen (2)
- Volume
- 15
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1896
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 16.07 x 22.35 cm
- Pages
- 708
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch