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welche den badenden König bedient. Wenzel liebte solche Bilder, n. a. zeigt auch eine für ihn
1387 hergestellte Handschrift des Wilhelm von Oranse (gegenwärtig im kunsthistorischen
Museum zu Wien) eine ähnlich prächtige Ausstattung. An der „Wenzelsbibel" habe« mehrere
^Schreiber und mehrere Maler gearbeitet. Die Maler sind mit ihrer Arbeit uicht sertig
geworden, schon im zweiten Buch Chrouika hören die Bilder auf, um bei Esdras wieder zu
beginne»; der Text endet mit Ezechiel, dafür ist Jsaias und Jeremias zweimal geschrieben.
Das Buch Tobias zeigt andere Sprachformen als das Übrige, auch die Übersetzung dieses
Buches ist nicht die Arbeit des Übersetzers aller anderen Stücke. Wer der Übersetzer war,
wissen wir nicht. Seine Übersetzung gehört zu deu besteu des Mittelalters. Er ist voll-
ständig vertraut mit der lateinischen Sprache und verfügt über einen ungemein reichen
Wortschatz. In gutem wohlklingendem Deutsch zu übersetzen, war seine Absicht und mit
großem Geschick hat er dieses Ziel meist erreicht. Ein hochbegabter, sprachgewandter Mauu
hat er nur leider uicht gleichmäßige Sorgfalt auf alle Theile seiner Arbeit verwendet.
Die vollkommenste Beherrschung der Sprache zeigt uns nach solchen Übersetzungen
ein kleines Originalwerk, das ganz am Ende des Jahrhunderts entstanden ist, nach
Gervinns „das vollkommenste Stück Prosa in unserer älteren Literatur", der Acker-
mann von Böhmen. Es ist ein Streitgespräch zwischen einem Witwer und dem Tod.
Der Witwer (der Ackermann) hat seine geliebte junge Frau, die Mutter seiuer Kinder,
durch deu Tod verloren und klagt den Tod an. Dieser antwortet. Neuerdings greift der
Witwer den Äod an und dieser vertheidigt sich: so Kapitel für Kapitel. Betrübniß,
Schmerz, Zorn und Groll bei jenem, überlegene Ruhe und Besouueuheit, eine Über-
redungskunst, die alle menschliche Weisheit zu Hilfe ruft, bittere Ironie und derbe Grobheit
bei diesem. Sie köuueu sich nicht einigen und Gott muß deu Streit entscheide». Er gibt
deni Tod recht, aber auch dieser wird ermahnt zu bedeukeu, daß er seine Macht nur vou
Gott habe. Der Witwer fleht mm im Gebet: Herr Jesu, nimm gȊdig auf die Seele
meiner geliebten Frau! Die ewige Ruhe gib ihr — laß sie, Herr, wohnen in Deinem
Reich bei den überseligen Geistern!
So endet milde der herbe Streit, wie nach dem Grollen des Donners der sanfte
Regenbogen sich spannt. Nnr ist gerade in dem Schlußgebet uach unserem Gefühl
zu große Pracht entfaltet. Literarische Überlieferung macht sich da geltend, denn der
Verfasser ist vertraut mit deutscher Dichtuug älterer Zeit. Er ist auch ein Gelehrter, der
eine Reihe classischer Schriftsteller citirt. Auch sein Stil verräth classische Studien und ist
doch weit entfernt von unbeholfener Nachbildung des Lateins. Kein Wunder, daß das
Werk solche» Beifall fand! Es ist 1399 entstände« und bis 1547 elfmal gedruckt worden,
einmal auch in niederdeutscher Sprache. Schade, daß wir von dem Verfasser so wenig
wissen. Er hieß Johann Ackermann und lebte in Saaz. Seine Fran hieß Margaretha.
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Böhmen (2), Volume 15
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Böhmen (2)
- Volume
- 15
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1896
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 16.07 x 22.35 cm
- Pages
- 708
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch