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nunmehr als Sacristeien geräumigerer, später errichteter Gotteshäuser dienen. Dieselben
bilden ein Rechteck von kaum fnnf Meter Länge und drei Meter Breite, an welches
sich eine halbrunde Apsis anschließt, sind gewölbt und bilden die erste Stufe einer
neuen Bangruppe, welche mit dein Wachsthum des Christenthums an Räumlichkeit
zunahm, wie z. B. die Kirchen in Bntovitz, Hostivar, Chabry, Bunzlan und andere
deutlich zeigen, wobei das geräumigere Schiff nicht mehr gewölbt, sondern mit einem
Holzplafond überdeckt wurde. Durch Hinzufügung eines Westthurmes war die iu der
katholischen Kirche traditionelle Dreitheilung iu eiue gewölbte Vorhalle mit der darüber
angebrachten Empore, das flachgedeckte Schiff und die halbknppelartig gewölbte niedrigere
Apsis und dadurch der normalmäßige Typus einer böhmischen Landkirche vollendet,
wie es au den Kircheu zu Maliu, Repy, Budetitz, Tozitz, Skvrnov, Neustupov,
Poritsch, Hoch-Anjezd und einer bedeutenden Zahl von ähnlich disponirten, über
das ganze Land zerstreuten Kirchen verfolgt werden kann. Die äußerst glücklichen
Verhältnisse des breiten und hohen Schiffes und der anmuthig angefügten kleineren
Apsis wurden trotz der einfachsten architektonischen Gliederung wesentlich gehoben theils
durch die Farbenpracht des die gesammten Wände bedeckenden Bildercyklus, theils
durch die reiche Ausstattung des zwar kleinen, aber kostbar mit Silber, Email nnd
Krystall geschmückten Altars, welcher in dem für ihn geschaffenen halbrunden Altar-
ranm eine würdige Stätte fand. — Dem weihevoll ernsten Jnnenranm entsprach ein
ebenbürtig schönes Außenbild durch die stufenartig aufsteigende Gradation der aus dem
Gebäude schwungvoll hervortretenden Apsis, des höheren, mit einem steilen Dach versehenen
Schiffes und des beide Theile hoch überragenden Thurmes. Die Kirchenwände entbehren
in dieser Epoche meist jeglichen architektonischen Schmuckes, mit Ausnahme der Apsis,
welche gegen Ende dieses Zeitraums durch Liseueu nebst einfachem Rundbogenfries
geziert erscheint. Dagegen blickt der Thurm mit seinen ringsum häufig iu zwei bis drei
Stockwerken durch Säulchen getrennten Doppelfenstern zierlich auf den Pfarrort herab.
Die strenge Einhaltung der Baunorm hat aber die Phantasie der Baumeister nicht lahm-
gelegt, sondern zu immer neuen Combinationen angespornt, so daß bei der großen Anzahl
der bis jetzt erhaltenen Kirchen dieser Gattung doch jede von ihnen ihre eigene Individualität
erhielt. Diese mannigfaltige Behandlung des einheitlichen Grundgedankens stempelt die
böhmischen Baumeister zn echten Künstlern, die auch mit geringen Mitteln Kunstwerke zu
schaffen verstanden. »
Der eben beschriebenen Baugruppe steht als Seiteustück eiue audere gegenüber,
welche sich von der ersteren nur dadurch unterscheidet, daß an Stelle der halbrunden Apsis
ein quadratischer, mit einem Kreuzgewölbe überspannter Chor trat, dessen Ausführung
ohne Beeinträchtigung des Junen- und Außenorganismus leichter durchführbar und mit
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Böhmen (2), Volume 15
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Böhmen (2)
- Volume
- 15
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1896
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 16.07 x 22.35 cm
- Pages
- 708
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch