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Trophäen unterbrochen wird. Eines der Reliefs an der dem Schloßgarten zugekehrten Seite
zeigt uus iu sinniger Weise Ferdinand selbst, wie er im Garten seiner Gemalin begegnet und
von derselben einen Blumenstrauß empfängt, die übrigen stellen durchwegs mythologische
Scenen dar; nur die an den Ecken befindlichen halben Zwickelfelder weisen eine andere
Anordnung auf, iudem sie flott eutworfeue Schilder umfassen. In denselben sieht man an
einer der Schmalseiten den böhmischen Löwen und die Anfangsbuchstaben 5 ^ (Ferdinand-
Anna), in den übrigen unter anderem wiederholt das Adlerwappen mit goldenem
Vließ. Auch sonst kommen unter den Verzierungen dem goldenen Vließ entnommene
Motive vor, an den Sänleneapitälen, den Bekrönnngen der Fenster des Erdgeschosses
und an der dnrchbrvchenen Brüstung der oberen Terrasse. Die einzelnen Füllungen der
letzteren, insoweit sie den Unbilden des Wetters widerstanden haben, tragen ornamentale
Reliefs von vollendeter Durchführung und feinstem Geschmack. Der ganze Bau zeigt eine
Richtung, wie sie sich in den Schöpfungen eines Baldassare Pernzzi abspiegelt, und jenes
Gefallen an heiterem reichem Schmnck, welchem man an den Bauten Bergamo's und seiner
Umgegend, der Heimat der Mehrzahl der beim Belvedere beschäftigten Steinmetz?, begegnet.
Dies gilt jedoch nur von dem unteren Geschoß und dem darüber befindlichen steinernen
Geländer der Terrasse; das obere Stockwerk ist ganz kahl, ein Zeichen, daß andere Künstler-
Hände und andere Verhältnisse hier walteten. Der einzige Schmuck ist eiu nüchterner Fries,
in welchem sich bereits der für die zweite Hälfte des XVl. Jahrhunderts charakteristische
Dorismus zum Worte meldet.
Das Belvedere ist nicht das einzige rein italienische Kunstwerk in Böhme»; uoch
eines haben wir zu verzeichnen, die Stuckdecoration des Schlosses Stern bei Prag. Der
Bau selbst verdankt dem kunstsinnigen Sohne Ferdinands I., dem Erzherzog Ferdinand
von Tirol seine Entstehung und auch seine sternartige Form, welche früher, als die Ent-
stehungsgeschichte des Baues nicht genügend bekannt war, zu allerlei Deutungen Anlaß gab.
Außer seiner Form bietet der Bau in architektonischer Beziehnng wenig Bemerkens-
werthes, dagegen weist die innere Ausstattung des Erdgeschosses die reichsten und feinsten
Stuccatureu anf, welche die Renaissance in Böhmen geschaffen hat Die sternartige Form
des Gebäudes gab zu der mauuigfacheu Anordnung des Deckenschmnckes Anlaß, sowohl
in dem zwölfseitigen Mittelsaal uud den fünf rhombenförmigen Gemächern, welche deu
Strahlen entsprechen (im sechsten Ranme befindet sich die Treppe), als auch in den
zwischen letzteren befindlichen Gängen. Die einzelnen Gewölbespiegel uud Kappe», bald
durch Perl- und Eierstäbe, bald von Blattwerk und Frnchtschnüren umrahmt, bilden da
einheitliche Flächen, dort ein wahres Kaleidoskop von Zierfeldern und nehmen in
demselben den ganze» Formeuschatz der Renaissance auf, wie er nur deu größten unter
den Ciuqueeeutisteu zu Gebote stand. Geschichtliche und mythologische Darstellungen,
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Böhmen (2), Volume 15
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Böhmen (2)
- Volume
- 15
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1896
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 16.07 x 22.35 cm
- Pages
- 708
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch