Page - 518 - in Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Böhmen (2), Volume 15
Image of the Page - 518 -
Text of the Page - 518 -
518
Die Gewinnung von Torf als Brennmaterial? ist zwar durch die Natur dieses
Brennstoffes, welche den Transport auf weite Distanzen erschwert, auf kleine Gebiete
beschränkt. In den großen Moorgebieten des südlichen Böhmen, besonders in den
Wäldern der Domänen Gratzen, Chlnmec und Wittingan werden jedoch sehr große
Quantitäten Torf als forstliche Nebennutzung gewonnen, welche als Heizmateriale und
namentlich als der wichtigste Brennstoff der hier etablirten Glasindustrie Verwendung
finden. Die ausgenützten, entwässerten und planirten Torfstichflächen werden sodann
mittelst Aufforstung wieder der Holzzucht gewidmet.
Die neu erstandene Torfstreu- und Torfmull-Erzeugung der Domänen Platz und
Gratzen im südlichen, sowie Kosten im nördlichen Böhmen dürfte eine große Zukunft
haben, da die Torfstreu als Streumateriale in Stallungen und der Torfmull als
ausgezeichnetes Desinfektionsmittel bereits häufig verwendet werden.
Die Waldstreunutzung, mit Recht aus jedem geordnete» Forstbetriebe verbannt,
aber leider bei den bäuerlichen Kleinwaldbesitzern allgemein, ja sogar als hauptsächlichste
Nutzung gebräuchlich, ist als Krebsschaden zu bezeichnen, durch welchen die Gemeinde-
Genossenschafts- und Kleiubesitzwälder arg geschädigt werden.
Die Wälder Böhmens erfreuten sich nicht immer einer ungestörten Entwicklung;
Elementar- und Jnfectenschäden bedrohten sie wiederholt, so namentlich die
Stürme der Jahre 1868 und 1870 mit dem darauffolgenden Borkenkäferfraß, welche
solche Verheerungen anrichteten, daß ihnen an 6 5 Millionen Festnieter Holz im Werthe
von 16 bis 18 Millionen Gulden ö. W. zum Opfer fielen. Schneebruchschäden, welche
zumeist die Kiefernwälder gefährden, kommen im Gebirge fast alljährlich vor, doch die
kolossalen Schneebruchschäden der Jahre 1868 und 1876, die, über das ganze Land
verbreitet, viele hoffnungsvolle Stangenhölzer vernichteten und große Lücken in die
Wälder gerissen haben, werden den böhmischen Forstwirthen lange noch in bösem
Angedenken bleiben. In letzterer Zeit hat der Kiefernspinnerfraß in den Forsten Nord-
böhniens gewüthet und soeben gefährdet die Invasion der Nonnenraupe die Forste
des ganzen Landes Doch ist ersterer bereits als überwunden zu bezeichnen und dürfte es
den rechtzeitig getroffenen und energisch betriebenen Vertilgungsmaßregeln gelingen, auch
den Nonnenfraß zu beseitigen, ehe große Verwüstungen eintreten.
Innig verwebt und verbunden mit der Forstwirthschaft des Königreiches Böhmen
ist das Entstehen und die Thätigkeit des böhmischen Forstvereines. Im Jahre 1848
von mehreren hervorragenden böhmischen Forstwirthen gegründet, zählt derselbe jetzt
1565 Mitglieder. Dem mächtigen Einflüsse, sowie der unermüdlich rastlosen Thätigkeit des
nuu 22 Jahre das Präsidium des Vereines führenden Fürsten Karl zu Schwarzenberg,
dieses ersten Gönners und Förderers der Forstwirthschast Böhmens, hat der Verein
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Böhmen (2), Volume 15
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Böhmen (2)
- Volume
- 15
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1896
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 16.07 x 22.35 cm
- Pages
- 708
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch