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Was in der Folge noch dazukam, diente fast ausnahmslos zur Ergänzung, zur Befestigung
dieses Besitzstandes.
Am 14. September 1791 wurde, ähnlich wie am 30. Angnst 1754 auf der Ehotek'schen
Insel bei Veltrus, im Clementinnm zu Prag eine böhmische Industr ie-Ausstel lung
zu Ehren einer Königskrönung abgehalten. Auf ihr war in nuee bereits ziemlich Alles
vertreten, was Böhmen gegenwärtig als industrielles Land auszeichnet, — nur daß, eigen-
thümlich genug, diese Industrie zu jeuer Zeit beinahe ausschließlich in den Händen des
Hochadels des Landes lag, der Grafen Waldstein, Chotek, Lazansky, Kiusky, Harrach,
Rotteuhann, Kolowrat, Wrbna, der Fürsten Anersperg n. s. w., während unter den bürger-
lichen Ausstellern allein die Firma Leitenberger als hervorragend bezeichnet werden konnte.
Groß waren die Hoffnungen, die das industrielle Böhmen auf Kaiser Josefs
Nachfolger, Leopold II., setzte; seine hochersprießliche nationalökonomische Thätigkeit als
seitheriger Großherzog von Toseana berechtigte hierzu in vollem Maße. Er starb zu früh.
Sein Ableben vereitelte vor Allem eine von ihm mit Sicherheit erwartete Änderung des
Zollsystems. Das strenge Festhalten an der anfänglich durch die Verhältnisse gebotenen
Prohibition, doch mehr vom polizeilichen als wirthschaftlichen, handelspolitischen Stand-
punkte übte unstreitig mit der Zeit einen erschlaffenden Einfluß — entschieden gegen die
Absicht eines Josef II. Mit seiner Zollordnung vom 27. August 1784 hatte er nichts
Anderes gethan, als was längst vor ihm eine Königin Elisabeth von England, ein
Ludwig XIV. in Frankreich, ein Friedrich II. in Preußen gethan hatten, gewiß nicht in der
Meinung, damit auf Menschenalter hinaus etwas Bleibendes, Unabänderliches hingestellt
zu haben. Die Gesetzgebung, die Zollgesetzgebung zumal, hatte sich einem lebendigen
Processe jeweilig anzupassen, nicht als ein starrer, todter Buchstabe zu gelten. Indem dies
in Österreich eine geraume Zeit hindurch versäumt wurde, blieb es wirthschaftlich
nothwendig in vielen Stücken zurück. Die Verwaltung und Gesetzgebung Österreichs war
aber von nun an auch diejenige Böhmens und dieses selbst nur mehr der Theil eines
politischen und wirthschaftlichen Ganzen. Die Industrie Böhmens hört damit gewisser-
maßen auf, eine Besonderheit zu sein, sie wird untrennbar von der industriellen
Entwicklung Österreichs überhaupt. Diese darzulegen, kann hier nicht unsere Aufgabe sei».
Es genügt die Aufzählung verhältnißmäßig weniger Daten.
Eine genaue Statistik des Jahres 1792 bezifferte den Prodnctionswerth böhmischer
Industrie mit 35,645.447 Gulden, die Ausfuhr aber mit 118 Millionen. Die Ziffern
stiegen von Jahr zu Jahr. Nicht nur daß das Gewerbe allerwärts im Lande sich mehr und
mehr fabriksmäßig auszugestalten suchte — das Zeitalter der Maschine war auch für
Böhmen gekommen — der alte und doch niemals alternde Stamm vaterländischer Arbeit
trieb immer wieder neue Zweige.
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Böhmen (2), Volume 15
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Böhmen (2)
- Volume
- 15
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1896
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 16.07 x 22.35 cm
- Pages
- 708
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch