Page - 658 - in Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Böhmen (2), Volume 15
Image of the Page - 658 -
Text of the Page - 658 -
058
Schon in den Jahren 1800 bis 1804 begründeten die Firmen Delorme und August
Tschinkels Söhne durch Errichtung der ersten Cichorieufabriken iu Lochkov bei Königs-
saal und Schönfeld bei Kreibitz die auch für Böhmens Landwirthschaft nicht unbedeutende
Erzeugung von Kaffeesurrogaten. Eine Frau, Magdalene Bieuert (geboren 1781)
— die Barbara Uttmann des böhmischen Niederlandes — begann vor nunmehr etwa
achtzig Jahren in ihrem Heimatsorte Nixdorf die gewerbsmäßige Anfertigung von
Kunstblumen, in der sie, da die Erzeugnisse lohnenden Absatz fanden, bereitwilligst
vielen Hunderten armer Mädchen und Frauen Unterricht ertheilte. Seither bietet dieser
Erwerbszweig einem nicht unansehnlichen Theil der zahlreichen Bewohnerschaft von
Nixdorf, Haiuspach, Schluckeuau n, s. w. den Lebensunterhalt. In Prag nnd Umgebung
erfuhr um dieselbe Zeit die chemische Zndustrie eine wesentliche Bereicherung, indem
Franz T. Brosche in Prag und Anton Richter in Königssaal (1817) sich der
Herstellung von Soda widmeten. Beide Unternehmungen hatten einen durchschlagenden
Erfolg und mußten nach und nach bedeutend erweitert werden. Das schon seit jeher
ziemlich schwunghaft betriebene Prager Büchsenmachergewerbe fand in Anton Vincenz
Lebeda (geboren 1797, gestorben 1857) einen Beförderer, der im Jahre 1820 eine
Gewehrfabrik erbaute, deren vorzügliche Leistungen bald sogar auch einen Ausfuhr-
artikel bildeten. Auf Lebeda folgten die Firmen Nowack und Kehlners Neffe und das
gegebene Beispiel blieb auf dem Lande, in Weipert, Leipa und Leitmeritz, nicht ohne
Nachahmung. In einem gewissen Zusammenhange damit steht die von Sellier und
Bellot iu Prag (1825) mit dem besten Erfolge etablirteZündhütchen-Fabrikation.
Wolf Fürth wurde durch Einführung der Fezfabrikation (1818) in Strakonitz
im westlichen Böhmen der Begründer eines durchaus eigenthümlichen Industriezweiges,
der sich durch Anknüpfung selbst überseeischer Verbindungen im Laufe weniger Jahrzehnte
einen wohlverdienten Weltruf verschaffte, so zwar, daß dermalen in diesem Artikel
notorisch jede fremde Concnrrenz aufgehört hat und das österreichische Erzeugniß allein
den Markt der Levante beherrscht. Beinahe gleichzeitig (1822) errichtete Karl Huffsky
die erste böhmische Siderolithwaaren-Fabrik in Hohenstein bei Mariaschein, um
gleichfalls zahlreiche, eifrige Nachfolger zu finden in Bodenbach, Obergrund, Aussig,
Teplitz, Eichwald u. s. w. Auch alle diese, zum Theil umfangreichen Unternehmungen
pflegen einen lebhaften überseeischen Export. Im Jahre 1829 stellten Schallowetz,
Milde und Compagnie die erste Papiermaschine Böhmens in der sogenannten
Kaisermühle zu Prag auf. In ihrem Etablissement wirkten bedeutende Männer, wie
Julius Eichmann und Gustav Roeder, welche später in Arnan (1842) und Marschen-
dorf (1864) als selbständige Fabrikanten erfolgreich austraten und denen Prosper Piette
(1865 fg) in Freiheit, Podbaba uud Pilsen nacheiferte, während ihnen Gottlieb
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Böhmen (2), Volume 15
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Böhmen (2)
- Volume
- 15
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1896
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 16.07 x 22.35 cm
- Pages
- 708
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch