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welche, von Budapest ausgehend, in westlicher und südlicher Richtung diesen ganzen
Landestheil durchschneiden, während eine fünfte von Kaposvär aus an der Westgrenze
bis Wien hinanzieht; so darf man das Verkehrsnetz des vunüntül, von der Möglichkeit
kleinerer Flügelbahnen abgesehen, als vollkommen ausgebaut betrachten.
Die Landwirthschaft des vunantül steht am höchsten im ganzen Lande. Und dies,
obgleich die großen kirchlichen und weltlichen Domänen jenseits der Donau am zahlreichsten
sind und die Herrschaften der Bisthümer, Domkapitel, Abteien und Propsteien, sowie die
riesigen Besitzungen der größten Hochadelsfamilien des Landes, der Esterhäzy, Batthyanyi,
Zichy, Szechenyi, Hunyady, Festetich, Brunswick, Erdödy, Nädasdy und schließlich der
Erzherzoge Albrecht und Josef beinahe die Hälfte des vunäntül ausmachen. Jenseits der
Donau wurde die erste landwirthschastliche Lehranstalt begründet, hier wurde zuerst die
allgemeine Besitzregnlirung, das Commassations- und Grundbuchwesen durchgeführt. Hier
entwickelte sich der Ackerbau und die Wechselwirthschaft zuerst nach westlichem Muster. Hier
erreichte beim Volke selbst Weinbau und Pferdezucht, Stallwirthschaft und Bodenver-
besserung ihre höchste Stufe. Hier entstanden die ersten Kanalbauten, indem die Flüsse
Sär, Siö und Kapos in den Comitaten Stuhlweißenburg, Veßprem und Somogy regnlirt,
die Göcsejer Gewässer im Zalaer Comitat eingedämmt, die Flüsse Tapolcza und Marczal
im Veßpremer und Eisenburger Comitat gebändigt wurden. Hier erreichte die Industrie
der Wassermühlen, mit einem selbst nach Österreich hinübergreifenden Ausfuhrverkehr, ihren
höchsten Stand. Hier wurden, und zwar in Veßprem, Kanizfa, Raab, Wieselburg und
Ungarisch-Altenbnrg jene riesigen Getreide-Stapelplätze angelegt, von wo Getreide und
Wolle in ungeheuren Mengen dem Westen zugeführt wird. Hier entwickelte sich zunächst
eine mächtige Classe von Pächtern, deren viele ein bedeutendes Vermögen erwarben. Die
industrielle Verarbeitung der Waldproduete, die künstliche Pflege der Fischerei und des
Wildbestandes wurden hier zuerst in Angriff genommen, und die Fischzucht in den Comi-
taten Tolna und Baranya, im Plattensee und Velenczeer See ist heute für sich weit
umfangreicher und einträglicher als die ganze übrige Fischzucht des Landes.
Aus allen diesen Gründen konnte die Rohprodnetion und besonders die Land-
wirthschaft hier am besten gedeihen, wofür übrigens als fernerer Beweis anzuführen
wäre, daß die Weidewirthschaft jenseits der Donau zuerst aufhörte oder beschränkt wurde.
Das Handgewerbe war früher in allen Städten jenseits der Donau stark verbreitet;
in Städten wie Stuhlweißenburg, Päpa, Raab, Veßprem, Fünfkirchen bestanden 25 bis
30 Innungen. Doch auch hier trat an die Stelle des sinkenden Handwerks die Fabriks-
industrie mit Dampfmühlen, Maschinenfabriken, Spiritus- und Zuckerfabriken. Daneben
werden auch noch andere Industrien nach Möglichkeit fabriksmäßig betrieben. Große
Unterstützung findet die Fabriksindustrie durch die Steinkohlenbergwerke, besonders der
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Ungarn (4), Volume 16
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Ungarn (4)
- Volume
- 16
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1896
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 15.18 x 21.71 cm
- Pages
- 616
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch