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Ebene hinab, deren Getreideschatz von magyarischem Volk geerntet wird wie auch der
edlere Wein der gesammten südlichen Abhänge.
Das ausgedehnteste, höchste und reichste Gebirge ist der Meesek, der bei Szigethvar
'an der Somogyer Grenze mit anmuthigen Hügeln beginnt, dann sein felsiges Rückgrat
von Acker zn Acker höher hebt und bei Pecsvärad mit dem 700 Meter hohen Zengö
endet. Doch ist der Meesek uur vom südliche« Flachland gesehen eine Bergkette, in der
That ist er eine Berggruppe, die den ganzen nördlichen Theil von Baranya bedeckt und
mit seinen Ausläufern auch nach Tolna und Somogy übergreift. In seinen Thälern sind
Dörfer gebettet, deren altmagyarische Bevölkerung vor kurzem noch fast ganz von der
Welt abgeschieden war und im Schatten vereinzelter Psarreien die Einfachheit, die Über-
lieferungen und Sitteu uud deu Glaube» der alten Zeit bewahrte, ja noch jetzt bewahrt.
Ihren Erwerb, den der gelbe Lehm an Wein und Getreide knapp zumißt, mehrt sie mit
Axt uud Haue und auf der Töpferscheibe bis zum Genügen. Die herrliche Säsd-Mecseker
Landstraße, die von Berg zu Berg kletternd und durch den Buchenschatten der Hochwälder
schlüpfend schließlich oberhalb Fünfkirchens den Südabhang hinabsteigt, war für sie das
Thor der Welt, durch das sie zuweilen aus dem verschlossene» Bezirk ihrer Thäler hinaus-
blicken konnte. Jetzt ist durch die von Dombövär her eröffnete Eisenbahn auch ein anderer
Weg nach dem Hollöfeszek (Rabennest), dieser westlichen Gruppe des Meesek, gebahnt.
Über zwei mächtige Brücken schwingt sie sich von Berg zu Berg, huscht schlangengleich
durch einen laugen Tunnel und gewährt dem Reisenden flüchtige Blicke in die versteckten
Thäler des Meesek und auf dessen an Rodungen nnd Steinbrüche geknüpfte Industrien.
Bei Bükkösd entwindet sie sich dem Labyrinth der Berge und betritt den Rand des flachen
Ormänsäg, bei Szent-Lorincz schließt sie sich der Bareser Linie an und braust dann,
immer dem Fuße des Gebirges entlaug, am Rande der Ebene Fünfkirchen zu. Doch nicht
ohne Wettstreit. Die Landstraße läuft ihr durchaus parallel bis Fünfkirchen, wo sie sich
trennen; die Locomotive stürmt dann südwärts weiter, ans Villäny zu, die Landstraße aber
behält ihre Richtung bis Pecsvärad bei, schwenkt dort nördlich ab, windet sich in Schlangen-
linien eine herrliche Steigung hinan von Berg zu Berg uud setzt durch die Thäler des
palastgeschmückteu Nädasd nach Tolna über.
Wie viele Bäche durchwaten diese beiden gewaltigen Straßen! Sämmtlich sind sie
wasserarm und selbst vereint scheinen sie noch nicht gewachsen. Wenn das Mühlrad
sie nicht verriethe, würde Niemand ahnen, daß unter dem saftige» Gras ein Bach rieselt.
Manche sind geheimuißvoll, sie entspringen und verschwinden in Höhlen; sie sind launenhaft
wie die periodischen und wetterkündenden Quellen vou Orrsü und Abaliget, welche bald
übersprudeln, bald ruhen, vor dem Regen namentlich mit großem Getöse einherströmen,
doch, sobald der Regeu beginnt, sich plötzlich müßigen. Etliche, die mit ihren schlammigen
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Ungarn (4), Volume 16
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Ungarn (4)
- Volume
- 16
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1896
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 15.18 x 21.71 cm
- Pages
- 616
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch