Page - 476 - in Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Ungarn (4), Volume 16
Image of the Page - 476 -
Text of the Page - 476 -
476
zu einer Festung erster Classe entwickelt, wo ein Oberconnuandcint mit weitem Wirkungs-
kreise befehligte nnd das städtische Leben einen militärischen Charakter gewann. Die
Befestigung wurde theils auf Landeskosten, theils mit österreichischer Subvention durch
geführt. Um die Widerstandsfähigkeit der Festung zu steigern, wurden in größerer und
geringerer Entfernung Vorwerke errichtet: Andräsvar, Tarißnyavär, Vilägosvar, Lesvar,
Merges und Patona,
So wnrde Raab, das schon durch seine natürliche Lage stark war, für uneinnehmbar
gehalten. Und dennoch fiel es in die Hände der Türken. Die Mauern waren stärker als
der Charakter des Obercommandanten. Der Verrath des Grafen Ferdinaud Hardeck ließ
die Schaaren Sinans am 29. September 1594 in die Festung eindringen. Allein nur vier
Jahre blieb Raab türkische Militärstadt. Der Wunsch des verrätherischen Commandanten,
„daß die Türken die Stadt möglichst lange in Frieden besitzen möchten", durfte nicht
in Erfüllung gehen. Am 29. März 1598 wurde Raab durch den trefflichen Adolf
Schwarzenberg und den tapferen Niklas Pälffy zurückerobert. Wohl erschienen immer
wieder türkische Heere unter seinen Mauern, allein ohne Erfolg. Im Jahre 1683 rastete
Kara Mnstapha nach der wilden Flucht von Wien bei Raab, und hier ließ er Ibrahim
Pascha, dem er die Schuld an der Niederlage zuschrieb, erwürgen. Zwei Jahrzehnte später
wurde Raab durch die Wogen der Räköczi'schen Bewegung gestreift und wiederholt von
Knrntzen eingeschlossen.
Dann verging ein Jahrhundert, bis wieder ganz Europa in Flammen stand; am
24. Juni 1809 zogen die Franzosen nach achttägiger Belagerung in Raab ein, dem sie
eine schwere Coutributiou auferlegten. Damals erschien dort auch Napoleon I. Bald
jedoch büßte Raab seine militärische Wichtigkeit ein und schon 1826 begann man die Wälle
abzutragen. Jetzt umgeben sie nur noch im Norden und Westen die bischöfliche Residenz
und wecken die Erinnerung an anders geartete Zeiten.
Diese Zeiten sind vorbei. Eine freiere Entwicklung begann, die entfesselte Stadt
dehnte sich rasch aus und gewann jenes anmuthige Äußere, das sie zu einer der schönsten
Städte Ungarns macht. Heute besteht sie aus der inneren Stadt, der Ferdinandsstadt,
Franzstadt, Neustadt (Ujväros) und Palatinalstadt (Nädorväros), wie dem etwas ent-
fernteren Szabadhegy. Im Jahre 1743 wurde Raab königliche Freistadt. Seinen
Kern bildet die innere Stadt (Belväros), welche lange Zeit der Brennpunkt des geistigen,
behördlichen, gerichtlichen und Verkehrslebens war. Hier befanden sich die höheren Schulen
und die Gebäude der Oberbehörden, und auch der Handel, das Lebenselement der
Bevölkerung, hatte hier seinen Schauplatz. Dieser wichtige Stadttheil erstreckt sich in
länglicher Form von West nach Ost und reicht nördlich bis zur Douau, westlich bis
zur Raab.
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Ungarn (4), Volume 16
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Ungarn (4)
- Volume
- 16
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1896
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 15.18 x 21.71 cm
- Pages
- 616
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch