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30. November auf den 1. December ist überdies verrufen wegen des wilden Treibens der
Hexen auf Kreuzwegen und Bergeshöhen.
Und so schließt sich der Kreislauf des Jahres: der Advent ist wieder da! Schon in
früher Morgenstunde ertönt das Kirchenglöcklein und ruft zur „Rorate". Mit Laternen in
den Händen eilen Jung und Alt zur Kirche, welche, da jeglicher Besucher sein Licht
vor sich hinstellt, bald in stattlicher Beleuchtung prangt. Nicht lange, und wieder schallt
und wieder hallt durch Dorf und Stadt der beglückende Ruf: Lloria in excelsis vec» et
in terra pax Dominikus!
Neben den Festen und den vielerlei sinnigen Bräuchen, welche die Allgemeinheit
feiert, bringt der Lauf des Jahres so manches bedeutungsvolle Ereigniß, das die engeren
Kreise der menschlichen Gesellschaft, namentlich den Kreis der Familie veranlaßt, es lust-
oder leidvoll zu begehen: Geburt, Hochzeit und Tod.
Mit dem verhältnißmäßig reichsten Glänze werden die Hochzeiten gefeiert. Hier
sei jener Sitten Erwähnung gethan, welche imSchönhengsterGau aus alter Zeit herüber
sich erhalten haben. Dort findet fast jede Hochzeit am Dienstag statt. Sonntags zuvor gehen
die zwei „Drionschknacht" (Hochzeitbitter) dazu einladen, der eine ist verheiratet, der andere
ledig. Sie tragen eine Flasche süßen Branntweins mit, und wo sie eintreten, da reichen
sie den Lenten, ihre Einladung vorbringend, ein Gläschen dar. Natürlich sind die beiden zu
ihrem wichtigen Amte ordentlich ausstasfirt: auf der Brust steckt ein Sträußchen Rosmarin,
mit bunten Bändern umflochten, den Hut ziert ein Kranz von Rosen, im Gürtel steckt ein
weißes Handtuch, in den Händen tragen sie hohe, gleichfalls mit Bändern verzierte Stöcke.
Ist es eine „große" Hochzeit, dann reiten sie wohl auch. Montag stellen sich diejenigen, welche
der Einladung folgen wollen, im Hause der Braut ein und bringen verschiedene Geschenke:
Milch, Butter, Käse, Eier, Geflügel u. s. w., ist die Braut arm, wohl auch Geld. Am
Nachmittag desselben Tages ziehen die „Drionschknacht" mit Musik durch das Dors und
holen die „Meitknacht" (Kranzelführer) ab in das Haus des Bräutigams. Hier erhalten
sie ihre Sträuße und zugleich einen Zettel, auf welchem die Namen derjenigen verzeichnet
stehen, die sie zur Hochzeit abzuholen haben. Am Morgen des Hochzeitstages versammeln
sich die Theiluehmer des Festes wieder beim Bräutigam, dann geht der ganze Zug, um
die Braut zu holen. Diese ist aber nicht zu finden, sie hat sich versteckt. Es würde sich gar
nicht schicken, wenn sie so ohneweiteres dem Bräutigam entgegenkäme. Nein, er muß sie erst
fleißig suchen und natürlich findet er sie auch. Darauf erbitten beide den Segen der Eltern,
den sie knieend empfangen. Es ist ein ernster Augenblick, und Rührung bemächtigt sich aller
Herzen. Die Musik spielt dazu ein traurig Stück. Dann gehts zur Kirche, die Musik
vorau, nunmehr heitere Weisen spielend; doch während die andern jauchzen, den Znsehern
auf der Straße Kuchen zuwerfen, aus Pistolen schießen und scherzen, sieht die Braut mit
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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Mähren und Schlesien, Volume 17
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Mähren und Schlesien
- Volume
- 17
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1897
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 15.42 x 21.88 cm
- Pages
- 750
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch