Page - 172 - in Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Mähren und Schlesien, Volume 17
Image of the Page - 172 -
Text of the Page - 172 -
172
n bewirkten Verdmnpfungen oft weiter gehen, so erfährt anderseits das dumpfe u besonders
vor Dentalen eine Tonerhöhung dnrch i: Mnida, österreichisch Muatta. Scharf dagegen
hebt sich dieser Dialect von dem im Sudetenlande hervor. Im Süden eine Unsicherheit
im Anlaute zwischen Tennis und Media der Lippen- und Zungenlaute, im Nordeu nicht
nur charakteristischer Unterschied, sondern Bewahrung vieler alter Tenues neben charakte-
ristischer Erweichung der Stummlaute nach I und ä. Den baierisch-österreichischen Vocalis-
mus beherrscht durchaus Nasaliruug, den schleichen Consonantismns meist Mouilliruug.
Durchgreifend ist der Unterschied im Vocalstand. Während der Norddialect kurzes a,
besonders wenn es durch Positionslänge geschützt ist, gern bewahrt, verdnmpst es im
Süden zu o. Bei jenem geht die Entwickelung des tonlangen ü zu ü und ü durch den
Vermittlungsdiphthong ou, bei diesem tritt für a theils oa, theils ü ein. In allen anderen
Fällen neigen die baierisch-österreichischen Vocale gegenüber den mittelhochdeutschen zu
einem Laute mit höherem, die schleichen zu einem mit tieferem Eigentone. Besonders
bezeichnend ist das verschiedene Verhalten zu o, welches sich im Süden zu a, im Norden
zu u entwickelt: gewant, gewouut — gewohnt. Den lautlich höheren Charakter des Südens
verstärkt ferner der Umstand, daß die Verdnmpfnng bei ü und ü wegen mangelhafter
Lippenartikulation fast ganz entfällt, und daß namentlich r die Vocale zu i drängt. In
mehreren Fällen, in denen das Schlesische am Umlaute festhält, ist er im Österreichischen
unterblieben. Fast untrügliche Unterscheidungsmerkmale sind hier die Formen der zweiten
und dritten Person Singularis Präseutis Jndicativi: schlesisch schlät, österreichisch
schlogt — schlägt. Charakteristisch ist ferner der Stand der Diphthonge. Der baierisch-
österreichische Dialect kennt kein dem mittelhochdeutschen iu und neuhochdeutschen eu
entsprechendes c»i wie der schlesische, sondern hat auch dafür das hellere ai; schlesisch
Foier, Hoiser, österreichisch Faier, Haiser; umgekehrt bewahrt jener den alten Diphthong
ie, bei welchem die zweite Componente kurz, aber besonders vor r so offen klingt, daß
man versucht ist, sie mit a zu bezeichnen, während dieser den Laut auf der Grundlage
eines tonlangen i weiterentwickelt und als regelmäßigen Stellvertreter öi aufweist. Für
altes ei ist endlich österreichisch c>a, schlesisch ai oder ä typisch. Dem Thayaner erscheint der
Gebrauch des starken Jmperfects sowie des Plusquamperfects als specifisch schriftgemäß,
während der Schlesier den durch Formübertragung aus dem Präsensstamme gebildeten
Conjunctiven i nemet, i trkget — trüge ebenso fremd gegenübersteht wie den vielen
augmentlosen Mittelwörtern der Vergangenheit und den charakteristischen Dualformen:
es, enger, enk.
Auch das Snbstantivum zeigt bei beiden Dialecten merkliche Abweichungen. Im
Norden wurzeln nicht nur die starken Genitiv-, sondern auch die Dativendungen im
Sprachbewußtsein, im Süden wird der Genitiv entweder gemieden oder durch Umschreibung
back to the
book Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Mähren und Schlesien, Volume 17"
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Mähren und Schlesien, Volume 17
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Mähren und Schlesien
- Volume
- 17
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1897
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 15.42 x 21.88 cm
- Pages
- 750
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch