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entrissenen Kränzchen loskaufen. Die Braut verwahrt das Kränzchen des Bräutigams
iu ihrer Kleidertruhe bis zu ihrem Tode; es verlieren, wäre von schlimmer Vorbedeutung.
Alls der Kirche begibt sich der Hochzeitszng nach dem Hause des Bräutigams. An
einer geeigneten Stelle im Dorfe wird ihnen „das Thor gesperrt". Quer über die ganze
Gasse wird ein mit bunten Tüchern und Bändern dicht behangener Strick gespannt. Vor
diesem Thore stellen sich zwei Bursche, mit Säbeln bewaffnet, als Thorwache auf, ein
dritter Bnrsche bewillkommt die Nenvermälten und die übrigen Hochzeitsgäste mit einer
Ansprache und mit einer vollen Flasche, worauf dann diese das gesperrte Thor „mit
einem silberne» Schlüssel" öffnen müssen.
Sobald die Braut die Hausschwelle des Bräutigams überschritten hat, reicht ihr
eine von den sie begleitenden Franen einen Kehrbesen, mit dem die Brant das Vorhans
bis zum Feuerherde kehrt. Daselbst steht ihre zukünftige Schwiegermutter. Die Braut
bittet dieselbe, sie als die angetraute Frau ihres Sohnes wohlwollend ansznnehmen.
Die Schwiegermutter verspricht ihr, sie als ihre eigene Tochter anzusehen, und umarmt
sie. In der Gegend von Ungarisch-Brod streicht die Schwiegermutter der Braut und ihrem
Sohne ein Stückchen Honig auf die Hand, den sie sich dann wechselseitig ablecken, damit
sie einander stets lieb und angenehm bleiben. Nach einem kurzen Mittagmahl im Hanse
des Bräutigams begeben sich die Hochzeitsgäste ins Wirthshaus, wo die jungen Lente
bis zum Hochzeitsmahl dem Tanz huldigen.
Gegen 5 bis 6 Uhr abends begibt sich die ganze Gesellschaft unter Musikbegleitung
in das Haus der Braut zum Hochzeitsmahl. Die Braut sitzt mit den Kranzeljnngsern
und der Brautmutter am vornehmsten Tische in der rechten Zimmerecke unter den Heiligen-
bildern, die übrigen Gäste placiren sich, so gut es eben geht, an den Tischen, die im
Zimmer der Länge und der Quere nach anfgestellt sind; die Mnsikanten haben ihren Platz
rückwärts bei der Thür. Der Bräutigam sitzt nicht beim Hochzeitsmahl, sondern geht
mit deu die Gäste bedienenden Brautführern von Tisch zu Tisch, nachsehend, wo was
Vonnöthen ist. Die Braut hat vor sich den Teller umgewendet liegen und genießt gar
nichts von dem ganzen Hochzeitsmahl. Im westlichen Mähren legt man ihr zu dem
nnigewendeten Teller ein hölzernes Messer. Ihrem Beispiel folgen gewöhnlich auch die
Kranzeljnngsern, denen bei dem Hochzeitsmahl obliegt, die Gäste durch Gesang zn
unterhalten. Das Menn des Hochzeitsmahles war bis in die neueste Zeit überall höchst
einfach. Was die eigene Haus- und Feldwirthschaft lieferte, wurde den Gästen vorgesetzt
und dazu wurde vieles von den Gästen selbst beigesteuert. In der reichen Hanna z. B.
war das Menn aus folgenden Gängen zusammengesetzt: 1. Nudelsuppe, 2. Rind-
fleisch mit Krensauee, 3. Kalbsgekröse-Suppe, 4. Schwarze Sauce, 5. Brateu mit Kraut,
6. Kuchen. Den Braten verspeisten die Gäste nicht an Ort nnd Stelle, sondern nahmen
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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Mähren und Schlesien, Volume 17
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Mähren und Schlesien
- Volume
- 17
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1897
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 15.42 x 21.88 cm
- Pages
- 750
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch