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später trat an die Stelle des Dudelsacks der Cymbal und die Baßgeige. Die Musikanten
sind pure Naturalisten, von Noteu uud irgendwelcher Theorie haben sie keiue Idee. Alle
alte» Tänze sind gleichsam die rhythmische Verkörperung des Volksliedes. Manche Tänze
haben mir eine typische Melodie; dagegen kann dem volksthümlichen Tanze der Slovaken
und Walachen („kcmlanü" oder ,vctöiiä", „der Drehtanz" genannt) fast jedes Volkslied
rhythmisch angepaßt werden.
Zn Beginn des Tanzes tritt ein Bursche, der sich ausspielen lassen will, vor die
Musikanten, wirft seinen Obolns in den Dndelsack oder ans den Cymbal und stimmt ein
Lied an. Ist dieses bekannt, greift es sofort der Primgeiger auf, die anderen Musikanten
fallen in präcisester Harmonie ein, der Tanz beginnt nnd das Lied wird in fortwährenden
Variationen wiederholt, bis ein anderer Tänzer vortritt nnd ein nenes Lied anstimmt.
Ein svlcher Tanz dauert eine gute Viertelstunde, eine Abwechslung bringen eben die stets
neuen nnd nenen Lieder hinein, von denen die schönsten nnd beliebtesten bei jeder Tanz-
innsik wiederholt nnd so im Gedächtnisse aufbewahrt werden. Die langen Zwischenpausen
werden gleichfalls mit Gesang ausgefüllt.
Ju allen Liederu, mögen sie welchen Inhalts immer sein, gelangt das sinnige
Naturgefühl des mährischen Volkes zum lebendigen Ansdrnck. Von der Natnr entnehmen
die Lieder ihre schönen plastischen Bilder und ihre Scenerie. „Gras mähte ein Mädchen
am Waldessaum", „Im grüueu Haiue bei der Quelle erschlugen sie den Burschen bei der
Maid", „Im freien Felde steht ein Birnbanm", „Es reitet der Herzog über den grünen
Anger", diese nnd unzählige andere Liederanfänge mögen znm Beweise dienen, daß unsere
Volksdichter das wichtige ästhetische Gesetz vou der einfachen Umgebnng, wenn auch
unbewußt, sehr wohl auzuweudeu verstehe».
Mit deu Natnrwesen verkehrt der Mensch wie mit Seinesgleichen. Das Roß
erscheint stets als trener, lieber Gefährte des Menschen. Wenn der Knecht den Dienst
verläßt, verabschiedet er sich von seinen geliebten Rößlein ans das herzlichste: „Meine
lieben Rößlein, ihr werdet wohl meiner einst gedenken, wohl werdet ihr meiner gedenken
nnd ich euer, daß ich euer Knecht war." Als der Knecht beim Schwemmen der Rosse
ertrank, da wieherten die Rappen kläglich, suchten den Janieek umsonst unter dem Wasser
und brachten die traurige Nachricht seiner Geliebten. Dem getreuen Rappen ist es leicht
anzusehen, daß er seinen Herrn zur geliebte» Braut trägt, nnd wer es nicht errathen
sollte, dem verkündet es stolz der Reiter selbst: „O schauet, ihr Leute, blicket her, wie
stolz mein Rößlein das Hanpt trägt, stolz trägt es das Haupt nach rechts, weil meine
Braut schöu ist wie ein Bild."
Am innigsten gestaltet sich das Verhältniß zwischen Roß und Reiter im Felde. In
den mährischen Volksliedern erscheinen die Soldaten stets zn Rosse. In der weiten Ferne,
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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Mähren und Schlesien, Volume 17
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Mähren und Schlesien
- Volume
- 17
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1897
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 15.42 x 21.88 cm
- Pages
- 750
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch