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— dieselbe, die in allen ehemals Rosenberg'schen Burgen Böhmens (Krnmau, Neuhans,
Wittingan) erscheint, um den bevorstehenden Tod eines Familienmitgliedes anzuzeigen.
Anch die Perle der mährischen Bnrgen — Pernstein — besitzt in der „Jungfrau von
Pernstein" einen ähnlichen Hausgeist. Deu Gegenstand verschiedener Burgsagen bildet
der Ursprung mancher Nitterbnrgen, wobei das Wappen der Begründer der Familie oder
Wortspiele mit den Burgnamen willkommenen Anhalt boten. So wird der Kopf eines
Auerochsen mit dem durch die Nasenlöcher gezogenen Ring im Wappen der Pernsteine
durch die Sage vom riesenstarken Köhler Venava erklärt, der einem Auerochsen einen
Baumast durch die Nasenlöcher gesteckt, denselben so an den herzoglichen Hof nach Brünn
geführt haben soll und für dieses Bravourstück nichts weiter als ein solches Stück Landes
sich erbat, als er mit der Ochsenhant umspannen würde, — woraus er das bekannte Kunst-
stück der Gründerin Karthago's eopirte. Bei den Burgsagen sei auch die im nördlichsten
Winkel der Hanna einheimische Sage von dem letzte» Besitzer der Burg Bruicko (Brüuules
bei Hohenstadt) aus dem Geschlecht der Herren von Tuukl erwähnt, der dem Landvolke
bis heute iu unliebsamer Erinnerung geblieben ist, weil er seine Unterthanen zn äußerst
beschwerliche» Roboteu bei de» Dammbauten der Teiche angehalten haben soll, die ehemals
in der Hohenstädter Gegend in ausgedehntem Maße bestanden haben. Zur Sühne für seine
angebliche Hartherzigkeit läßt ihn das Volk in der Geisterstunde einen feurigen Pflug
durch die Wasserfläche der Teiche ziehen, wobei ein Paar Teufel unter dem steten Zurufen
,Lite todo lunkla, nx vocla xdlnnkln!* (Schlaget deu Tuukl, bis das Wasser
aufspritzt!) auf ihn einHauen. Als seine verwitwete Gattin dieses schaurige Gespauu
erblickte uud ihren Genial frug, wie ihm geholfen werden könnte, antwortete er, seine Seele
werde nicht früher znr Rnhe kommen, als bis ein jeder Stein in den von ihm aufgeführten
Dämmen wieder auf seine frühere Stelle zurückversetzt wird.
So wie diese wurzelt noch manche andere Sage in den Zeiten der schweren Leib-
eigenschaft. Auch haben in jener Zeit ältere Sagen eine zeitgemäße Wandlung erfahren, so
namentlich die bereits erwähnte Jeemmeksage. Nach einer, besonders in der Wischauer
Gegend noch fortlebenden Version derselben soll sich die Mutter des Jeeminek die Ungnade
ihres Gemals durch ihr Eintreten für das mit Roboten geplagte Landvolk zugezogen haben;
Jeeminek selbst verkehrt auf geheimuißvolle Weise mit dem Volke und kann sich vermöge
seines Zaubermantels unsichtbar machen. Von den Grundobrigkeiten wurde er als
Aufrührer des unterthänigen Volkes betrachtet nnd zweimal im Jahre wnrde zu nächtlicher
Zeit eine commiffionelle Hausdurchsuchung in der ganzen Gegend vorgenommen, um de»
Jeeminek zu fangen, was allerdings nie gelang. Späterhin identificirte das mährische
Landvolk diese geheimnißvolle Persönlichkeit mit seinem erhabenen Befreier von der
Leibeigenschaft und Schätzer des Bauerustaudes, Kaiser Josef II., der namentlich iu den
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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Mähren und Schlesien, Volume 17
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Mähren und Schlesien
- Volume
- 17
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1897
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 15.42 x 21.88 cm
- Pages
- 750
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch