Page - 354 - in Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Mähren und Schlesien, Volume 17
Image of the Page - 354 -
Text of the Page - 354 -
354
Porta ls sehen wir neben bemerkenswerthen Capitalen in der Leibung des nicht sehr reich
ornamentirten Portals die Figur eines Abtes in Halbmetergröße, welcher, bei der sonstigen
Plumpheit des Körpers, aber trotzdem eine volle, ruhige Wirkung nicht abgesprochen
werden kau», das Bestreben, Porträtähnliches zu schaffen, nicht mehr zu verkeimen ist.
Nicht in gleichem Maße wie die weit hinaufreichende romanische Kunst ist in Mähren
das späte Mittelalter vertreten. Spärlich ist das ornamentale Detail und noch
spärlicher der fignrale Schmuck an Bauten zu finden; bemerkenswerthe Arbeiten sehen wir an
den Ruinen des Klosters in Kanitz, besonders an den Schlußsteinen der Kapelle und in
den Scnlptnren der Olmützer Domkirche und dem aus dem XV. Jahrhundert stammenden
Kreuzgang daselbst; die Schlußsteine im Olmützer Domkreuzgang zeigen Maß- und
Blattwerk, Rosetten zc. Bemerkenswerth ist an einem Schlußsteine der jugendliche Kopf
eines Bischofs mit lange herabfallendem Kopfhaar, jedenfalls ein Porträt. Reicher ist
die Zahl selbständiger Sculptureu, so eine schöne Heimsuchung Mariens in der
Domgasse zu Olmütz mit einer großen Zahl von Figuren, der Tod Mariens in der
Sacristei der Manrizkirche ebendort; zwei prächtige Steinreliefs, hocherhaben gearbeitet
aus deu Jahren 1518 und 1519 in der Brünuer Jakobskirche, feine, fast an Elfenbein-
technik erinnernde ausdrucksvolle, lebensvolle Arbeiten, uud zwar ein vom Kreuz
genommener Heiland von Maria und den heiligen Frauen beweint und eine
Kreuzigung Christi, am Kreuzesstamm Maria, liuks Johannes, rechts Anna und
Magdalena. In vortrefflicher Weise bringen diese Arbeiten das Seeleuleben der einzelnen
Personen, den Schmerz und die Verzweiflung, zum Ausdruck. Nicht aus Mähren
hervorgegangen, jetzt aber in der vom regierenden Fürsten von und zu Liechtenstein
erbaute» Kirche zu Blausko befindlich ist der von dem Budweiser Meister Andreas
Morgenstern 1515 für Stift Zwettel angefertigte großartige Altarschrank des ehemaligen
Hochaltars, ein Kunstwerk, wie ähnliche gewiß auch im XIV. und XV. Jahrhundert in
Mähren angefertigt worden waren.
Aus der Spätzeit der Gothik ist uns 'der Name eines mährischen Malers
uud Bildners in Holz uud Stein, Hans Olmützer, erhalten, welcher seit 1483 in
Breslau lind dann von 1488 bis 1503 in Görlitz lebte, wo er eine „goldene" Maria,
eine Grablegung und einen gerühmten Flügelaltar fertigte und dann 1518 in Prag
beim königlichen Schloßbau thätig war.
Eine reiche Ausbeute bieten die zahlreichen, theils als Kirchenpflaster verwendeten,
theils an den Kirchenmauern befestigten Grabsteine, welche, bis jetzt viel zu wenig
berücksichtigt, nach mancherlei Richtung hin Beachtung und Stndinm verdienen. Manche
der ältesten zeigen nur rohe, in den Stein geritzte Umrisse der Figur des Verstorbene»
uud einfache Ausfüllung dieser Contour und der Buchstabe» mit Pech, ähnlich wie bei
back to the
book Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Mähren und Schlesien, Volume 17"
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Mähren und Schlesien, Volume 17
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Mähren und Schlesien
- Volume
- 17
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1897
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 15.42 x 21.88 cm
- Pages
- 750
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch