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gewisser konstitutionell gewährleisteter Wahl-Sonderrechte. Die Zahl der Großgrundbesitze
ist eine landesgesetzlich beschränkte. Sie begreift 383 Einzelgüter, welche gegenwärtig 223
physischen nnd juristischen Personen gehören. Die Großgrundbesitze, „Herrschaften" oder
„Güter" genannt — nur einzelne tragen besondere Bezeichnungen als „Grafschaft",
„Kronlehen" — sind entweder Fideicommisse oder Allode. Unumgänglich für den
Charakter des Großgrundbesitzes ist, daß er in die,.Landtafel" eingetragen sei; aller übrige
Grundbesitz ist in die „Grundbücher" eingetragen. Wenn auch im Allgemeinen durch
Umfang hervorragend, ist der Großgrundbesitz doch unabhängig von der Größe der
landtäflich eingetragenen Bodenfläche. Wir finden Großgrundbesitze mit weniger als
5t) Hektar Bodenfläche und daneben einerseits grnndbücherliche Kleingrundbesitze von
560 Hektar Umfang und andererseits landtäflich als Einzelgüter eingetragene Groß-
grundbesitze mit 19.800, 13.000, 11.700 Hektar. Es sind sonach einzelne Großgrund-
besitzer in Mähren keineswegs als Besitzer von Großwirthschaften zu betrachten, obwohl
die Landtafel dem Object Titel und Rechte eines Großgutes ertheilt, während andere
Großgrundbesitzer durch Vereinigung räumlich ausgedehnter landtäflicher Gütereomplexe
wahre Latifundien ihr Eigen nennen. So besitzt der Fürst von Liechtenstein über 111.000
Hektar administrativ zusammengehörigen Großgrundbesitzes, der Fürst-Erzbischof von
Olmütz 52.647 Hektar.
Von der Gesammtfläche Mährens (22.222 Quadratkilometer) entfallen auf den
Großgrundbesitz 6800 Quadratkilometer (30 6 Procent). Diese Fläche gliedert sich in
491.400 Hektar Wald und 188.642 Hektar andere Culturgattungen. Der fideicom-
missarische Besitz umfaßt 9 04 Procent, der geistlichen Körperschaften gehörige Besitz
3 5 Procent der Gesammtfläche des Landes.
Betrachten wir die Wirthschaftsform des Großgrundbesitzes, so finden wir, daß
derselbe etwa die Hälfte, speciell der fideicommifsarifche Besitz aber weit über zwei
Drittheile der landwirthschaftlich benützten Fläche verpachtet hat. Diese Thatsache läßt
sich insbesondere auf zwei Momente zurückführen: zunächst auf die Umwälzung der
Wirthschaftsverhältnisse durch die Reformbeweguug des Jahres 1848, dann auf den
Eintritt der damals aufblühenden landwirtschaftlichen Industrie in die Reihe der Pacht-
werber. Daß die Großpachtung derart in Mähren festen Fuß faßte, hatte folgende Ursachen:
der Entgang der Robot- und Giebigkeitsleistnngen, die Nothwendigkeit, im Falle des
Eigenbetriebes das erforderliche Anlage- und Betriebscapital zu schaffen, die Scheu vor
dem neuen Taglöhnerwesen, die Unsicherheit des Beamtenpersonales angesichts der neuen
Wirthschastsmethodeu :c. bestimmten die Gutsherren, das Angebot von Pachtschillingen,
welche dem Grundeigenthümer eine relativ bedeutende Bodenrente sicherten, bereitwillig
anzunehmen. Die Höhe dieser Pachtschillinge fand auf Seiten der unternehmungslustigen,
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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Mähren und Schlesien, Volume 17
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Mähren und Schlesien
- Volume
- 17
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1897
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 15.42 x 21.88 cm
- Pages
- 750
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch