Page - 488 - in Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Mähren und Schlesien, Volume 17
Image of the Page - 488 -
Text of the Page - 488 -
48«
Industrie dieses Bezirkes. Dumpfe Sprengschüsse donnern ans der Tiefe und erschüttern
im lauten Echo die flimmernden Wände der Brüche; mächtige Rauchmassen seuken sich
von den freistehenden Kalköfen zu Thale und hüllen unser Gesichtsfeld in einen weißlichen
Schleier; dazwischen bewegt sich eine geschäftige Arbeiterschaar, deren schwierige, oft
gefahrvolle Thätigkeit wir erst würdigen lernen, wenn wir die kolossalen Marmorblöcke
ringsum anstaunen.
Hinter Sanbsdors, mit schöner gothischer Kirche, nähern wir nns dem Gebirge
durch eine freundliche Thalweitung, in deren Hintergrunde blauende Bergeshäupter
auftauchen. Es ist das Thal der Biela, die dem Herzen des Gesenkes entquillt und ihr
rauschendes Gebirgswasser im engen Felsenbett der preußischen Neiße zuschickt. Östlich
erscheinen die dicht mit Wald bestandenen Hänge des Urlichzuges, unterbrochen von
Weide- und Ackerblößen, denen die karge Frucht nur mit harter Arbeit abgerungen wird;
die westliche Thalseite umgeben die Hänge des Hirschbadkammes im dunklen Gewand
ihres reichen Gehölzes. Zu der Landstraße, die sich zwischen einer Doppelreihe von
Häusern und Häuschen hindurchwindet, gesellt sich an rechter Bergwand das Bahngeleise,
das zum Ramsauer Gebirgssattel hinanleitet, wodurch eine wichtige Verbindung mit dem
nordwestlichen Mähren ins Leben trat. Die von Ziegenhals über Niklasdorf, Gröditz,
Sandhübel und Böhmischdorf führende Bahntrace erschließt dem Reisenden liebliche
Blicke, so namentlich bei Gröditz auf die Gruppe der waldigen Vorhöhen und auf die
Äcker, Obstgärten und Wiesen der gassenähnlichen Ortschaften im Bielagrund?.
Dort, wo die uns begleitenden Berge zurücktreten, um einem anmuthigen Thalkessel
Raum zu schaffen, erfreut uns der Anblick Fre iwaldaus , „der schmucken Städteperle der
Sudeten". An sechs Jahrhunderte sind verrauscht, seit Menschenhände die Urwälder zn
lichten begannen, welche die ehemals wilden Gründe bedeckten. Heute sehen wir an deren
Stelle ein blühendes Gemeinwesen mit hochentwickelter Industrie. Trotz dieser Vorzüge
ist Freiwaldaus Name doch weit überflügelt worden von dem Weltrufe des nahen Gräfen-
be rg, vor sechs Deeennien einer unscheinbaren Colonie des nachbarlichen Hirschbadkammes.
Wer denkt nicht bei der Nennung Gräsenbergs an Vincenz Prießnitz, den genialen Hydro-
pathen, der hier seine segensvolle Thätigkeit entfaltet hat. Die gesunde Lage am Rande
dunkelschattiger Nadelwälder, der Reichthum au köstlichen Quellen, der Comsort modernen
Badelebens und endlich die prächtige Scenerie seines Gebirgspanoramas stempeln
Gräfenberg zu einem Cnrorte ersten Ranges. Ans dem Hauptpromenadenwege, vorbei an
Monumenten aus Erz und Stein, die als Zeichen dankbarer Verehrung Prießnitz' Ruhm
verkünden, erreichen wir hinter dessen Mausoleum Gräsenbergs wundervolle Aussichts-
warte, das viel besuchte „Koppenhaus". Wer hat je das heitere Bild vergessen, das hier
den beobachtenden Wanderer bei magischer Morgenbeleuchtung entzückt! Tief unter uns,
back to the
book Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Mähren und Schlesien, Volume 17"
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Mähren und Schlesien, Volume 17
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Mähren und Schlesien
- Volume
- 17
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1897
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 15.42 x 21.88 cm
- Pages
- 750
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch