Page - 552 - in Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Mähren und Schlesien, Volume 17
Image of the Page - 552 -
Text of the Page - 552 -
552
der grüne Nadelbaum mit seineu Lichter», den vergoldeten Nüssen nnd mannigfacher
glitzernder Zier. Vor der Abendmahlzeit besprengt der Landmann an diesem Tage mit
geweihtem Wasser Stnbe und Stall, um Haus uud Hof vor Unglück zu schützen. Auch
des Viehes gedenkt er dabei und spendet den Rindern Äpfel und Honigkuchen, damit sie
vom „Hauche", einer gefürchteten Augenkrankheit, verschont bleiben. Honig wirft er auch
iu den Brnnnen, um das Wasser vor Fäuluiß zu bewahren. Dann versammeln sich die
Hausgenossen zum Abendgebet, das unter freiem Himmel gesprochen wird; besonders
fromme Gemüther sehen, wie man sagt, wie die Schutzengel die Gebete zu Gott empor-
tragen. Auch glaubt man, daß um diese Stunde die Seelen derjenigen znm Himmel
aufsteigen, welche an diesem Tage aus dem Fegefeuer erlöst werden. Wer bis zur Abend-
mahlzeit gefastet hat, kann am Himmel das goldene Lämmlein oder den goldenen Eber
sehen. Nach dem Abendessen werden Fischgräten, Nußschalen und kleinere Speisereste unter
die Obstbäume vergraben, damit diese im folgenden Jahre reichlich tragen — ein Rest
des altgermanischen Brauches, von jeder Festmahlzeit den Göttern zu opfern. In wohl-
habenderen Familien findet unmittelbar nach der Mahlzeit die bekannte „Einbeschernng"
statt, während in der Mehrzahl der Häuser die Kinder vor dem Schlafengehen auf dem
Tisch ein Tüchlein ausbreiten, in dem sie am nächsten Morgen mancherlei nützliche und
erfreuliche Sachen finden.
Im weitereu Verlaufe des heiligen Abends vergnügt man sich damit, auf ver-
schiedene Art sein künftiges Geschick zu erfragen. Man gießt, sowie am Fest des heiligeil
Apostels Andreas (30. November), Blei nnd deutet aus den Figuren, die sich dabei bilden,
den Stand des künftigen Gatten. Herangewachsene Mädchen raffen gespaltenes Holz in
den Arm. Sind die Stücke in gerader Anzahl vorhanden, so ist der Tag der Hochzeitsfeier
nicht fern; oder sie begeben sich zur „Hühnerbühne" und stochern unter die Hühner. Das
Mädchen, welches den Hahn trifft, so daß er gackert, heiratet bald. Dabei gilt der Spruch:
„Gack'rt d'r Hän,
Do krighs n Man;
Gack'rt a Hann,
Do kright se känn."
Auch lassen hochzeitssüchtige Mädchen in einer Schüssel mit Wasser Nußschalen
mit kleinen angezündeten Kerzchen schwimmen und legen ihnen ihre eigenen Namen und
die Namen einer gleich großen Anzahl bekannter junger Männer bei. Aus der Art, wie
die Nußschalen sich einander nähern, glauben sie ihren „Zukünftigen" zu errathen.
Berühren sich die Flämmchen, so gibt es baldigst Hochzeit. Ferner wirft man einen Schuh
oder Äpfelschalen hinter sich und sucht aus ihrer Lage zu erkennen, ob man im nächste«
Jahre heirate. Jugleicheu schütteln Mädchen ein Bäumchen oder rütteln an einem
back to the
book Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Mähren und Schlesien, Volume 17"
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Mähren und Schlesien, Volume 17
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Mähren und Schlesien
- Volume
- 17
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1897
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 15.42 x 21.88 cm
- Pages
- 750
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch