Page - 555 - in Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Mähren und Schlesien, Volume 17
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Vor zwei Jahrzehnten noch erhielten an diesem Tage in einzelnen Orten des Odrauer
Gerichtsbezirkes die Kinder Brnnnenkresse zu essen.
Wer am Ostersonntag auf einer Anhöhe den Sonnenaufgang abwartet, sieht das
Tagesgestirn drei Freudensprünge machen, das „Ostermännchen" hüpfen.
Als Überrest eines einst allgemein veranstalteten österlichen Flurumrittes fiudet iu
manchen Ortschaften um Mitternacht vom Charsamstag auf den Ostersonntag in die Felder
eine Procession zu Fuß statt. In Janernig betheiligen sich an derselben Jünglinge und
Männer. Die ersteren eröffnen den Zng, mit Schellen läutend, singend und betend folgen
die Männer. Bei der nahen, festlich beleuchteten Waldkapelle zum heiligen Antonius wird
Halt gemacht und ein Gebet verrichtet, während die jungen Burschen aus Schlüsselbüchseu
uud Pistolen schießen. Bei der Rückkehr warten am Eingang zur Stadt die Stabträger
der verschiedenen Zünfte, die Fahnen und die Musik der Kirche und geleiten den Zug zur
Pfarrkirche, wo die Feier mit der „Saatenmesse" schließt.
Eine fast allgemeine Sitte ist das „Schmeckostern". Am Ostermontag gehen
frühzeitig die Burschen, den folgenden Tag die Mädchen mit Geflechten aus Süß-
holzwurzeln oder Weidenzweigen in die Häuser von Verwandten und Bekannten und
„schmeckostern" die jüngeren Hausbewohner. Die getroffene Person muß sich durch ein
Osterbrot, durch Bäugel (Bägel), Ostereier, Kuchen ?e. loskaufen. Beim Schmeckostern
werden verschiedene Sprüche recitirt, z. B.:
„Etz komb'r zu dan liba Üstan,
Lott das Tächtala awing schmacknstan.
Tenne, denne em a Köp,
Daß de dinkst, sis a Klislatöp;
Denne, denne em a Recka,
Daß dich ni de Berda drecka; Denne, denne em de Ocma,
Daß dich lanst d'r Lait d'rborina ;
Denne, denne em de Hand,
Daß de Laite wän d'rkannt;
Denne, denne em de Fisse,
Daß de lanst de Alda grissa."
„Schmeckostern" kömmt von dem noch heute im Laude gebräuchlichen Worte fchmicken
— schmitzen, peitschen, schlagen. Der Schlag mit den grünen saftigen Zweigen soll Wachs-
thum, Gedeihen, Fruchtbarkeit bewirken. Darnm schmeckostert man vor Allem die Mädchen,
nnd so erklärt es sich auch, weshalb in einzelnen Ortschaften des Jägerndorfer Bezirkes an
diesen Tagen der Hirt seine Herde schmeckostert.
Am Pfingstmontag, in einzelnen Dörfern schon am Ostermontag, ist es Sitte,
daß die angesehensten Hofbesitzer des Dorfes auf de« schönsten, mit Bändern geschmückten
Pferden längs der Grenze im gesetzten Schritt ihre Äcker umreiten. Sie flehen dabei in
frommen Liedern um deu Segen des Himmels für ihre Saaten, sowie um Abwendung
von Wetterschäden. Ein anderer Flurumritt zu derselben Zeit geschieht im Wettlauf bis
zum Gehöfte eines Banern vom Nachbardorf, Ivo man sich mit Speise und Trank labt.
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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Mähren und Schlesien, Volume 17
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Mähren und Schlesien
- Volume
- 17
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1897
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 15.42 x 21.88 cm
- Pages
- 750
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch