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daß er sie in Berlin in einen Marsch nmcomponiren ließ, der noch lange nach dem Tode
beider Männer sich in der preußischen Armee unter dem Namen „Hoditzmarsch" erhalten
hat. Nach Roßwald wallfahrte damals alle Welt; einen zweiten Versammlungspunkt
aller hervorragenden und neugierigen Persönlichkeiten, die sich für Musik interessirten, wie
dieses Dorf hat Schlesien weder vorher noch nachher besessen. Heute sind kaum mehr
erkennbare Spuren der vergangenen Herrlichkeit vorhanden. Ein anderer Aristokrat, der sich
in Schlesien damals hervorthat, war der wegen seiner Verschwendung renommirte Fürst
Franz Snlkowsky, welcher sein Brauhaus in Bielitz in ein Theater umwandelte und
daselbst Concerte und Singspiele aufführte. Ebenso gründete Graf Joseph Sedlnitzky,
selbst ein tüchtiger Violin- und Cellospieler, in seinem Schlosse Geppersdorf eine vollständige
Musikkapelle. Hier wäre auch der Kapelle des lebenslustigen Bischofs Grafen Schaafgotfch
in Breslau zu gedenken, welche derselbe auf seinem Gute und Residenzschlosse Johannes-
berg in Österreichisch-Schlesien hielt.
Und so gelangen wir zu dem bedeutendsten Komponisten, den Schlesien durch lange
Zeit zu dauerndem Aufenthalt innerhalb seiner Grenzen beherbergte, zum Schöpfer der
ersten „durchcomponirten" deutschen Oper: Karl Dit ters von Dittersdorf, dem
Componisten von „Doctor und Apotheker". Derselbe wurde, nachdem er im Jahre 1761
eine Reise mit Gluck nach Italien beendet hatte und Kapellmeister des Bischofs von
Großwardein geworden war, mit dem schon genannten Breslauer Bischof auf seinen Reisen
durch Deutschland als Virtuose bekannt. Der Kirchenfürst verschaffte ihm den Orden vom
goldenen Sporn aus Rom und ernannte ihn zum Forstmeister des Fürstenthums Neiße.
In Johannesberg errichtete Dittersdorf ein kleines Theater, schulte die bischöfliche Kapelle
aufs beste ein und schrieb hier unter anderem das Oratorium »vaviääe- und die
komische Oper ,11 viaMatore -unerieano". Im Jahre 1773 beförderte ihn der Fürst-
bischof zum Amtshauptmann von Freiwaldau. Von seinen Opern und Oratorien hatte
sein „Doctor und Apotheker" allein einen bleibenden Erfolg. Dieses 1786 geschriebene
Werk ist die erste deutsche Oper, welche nach Art der italienischen mit langen, ausgeführten
Finales ausgestattet ist. Sie wird heutzutage noch hier und da gegeben, erscheint in Neu-
drucken und wirkt durch ihre natürliche Frische und unleugbare komische Kraft. Sein bis
dahin sorgenfreies Leben endete jedoch Plötzlich im Jahre 1795 mit dem Tode des Fürst-
bischofs und unser Komponist kam mit seiner mühsam nach 26jähriger Dienstzeit erlangten
kleinen Pension in bittere Noth. Es nahm sich seiner jedoch Freiherr Jguaz von Stillfried
an, der ihm sammt Familie auf seiner Herrschaft Roth-Lhota im Kreise Tabor in Böhmen
ein freundliches Asyl gewährte, wo Dittersdorf im Jahre 1799, am 13. October, nachdem
er zwei Tage vorher mit seiner Selbstbiographie, die er seinem Sohne dictirt hatte, zu
Ende gekommen war, starb. Dem Inhalt und der Form nach sind seine Orchesterwerke
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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Mähren und Schlesien, Volume 17
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Mähren und Schlesien
- Volume
- 17
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1897
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 15.42 x 21.88 cm
- Pages
- 750
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch