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Leben bedeutete. Als er nämlich mit einem beladenen Wagen auf das Feld fahren wollte,
wurde das Pferd plötzlich scheu, warf ihn zu Bodeu und fuhr mit Wagen und Ladung
über ihn hinweg. Vincenz Prießnitz erlitt dadurch eiueu Rippeubruch. Da die von dein
beigezogenen Arzte verordneten warmen Umschläge keine Besserung herbeiführten, griff er
zum kalten Wasser, durch dessen Anwendung er nach längerer Zeit wieder hergestellt wurde.
Seit dieser Heilung war das Vertrauen in die heilkräftige Wirkung des kalten Wassers bei
Prießnitz fest und unerschütterlich geworden und seit dieser Zeit datiren auch seine vorzüg-
lichsten Erfahrungen auf dem Gebiete der Wasserheilkunde. Sobald er von Quetschungen,
Verrenkungen, Verstauchungen und anderen äußeren Verletzungen erfuhr, empfahl er
seinen Patienten dringend die Anwendung von kaltem Wasser, und bei dem Umstände,
als seine Euren in der Regel von dem gewünschten Erfolge begleitet waren, konnte es nicht
fehlen, daß sein Name rasch bekannt und Prießnitz überallhin zu Hilfe gerufen wurde.
Die Mittel, mit denen er seine Patienten heilte, waren kaltes Wasser, frische Luft
und Bewegung. Trotzdem wurde er von den Ärzten stark angefeindet und hatte namentlich
in den ersten Jahren seiner Thätigkeit manchen Strauß mit denselben anszusechten.
Allein er ließ sich dadurch keineswegs abhalten, auf der eingeschlagenen Bahn weiter
fortzuschreiten und seine Erfahrungen nach wie vor in den Dienst der leidenden Menschheit
zu stellen, und der Lohn blieb nicht aus. Jene, welche durch das neue Heilverfahren
Genesung gefunden, wurden bald eifrige Verfechter desselben, so daß Prießnitz bei seiner
Ausdauer endlich die Genugthuung hatte, zu sehen, wie seine erbittertsten Gegner selbst
an seiner Seite kämpften und sein System warm vertheidigten. Im Jahre 1838 endlich,
als der von der kaiserlichen Hofkanzlei in Wien nach Gräfenberg entsendete Ministerialrath
Freiherr von Türkheim sich über die Thätigkeit und über die Heilmethode Prießuitz's
günstig ausgesprochen hatte, wurde die Bewilligung ertheilt, daß die Wasserheilanstalt
in Gräfenberg unter der Leitung ihres Gründers fortbestehen dürfe.
Der Ruf dieses Unternehmens drang bis in die entferntesten Gegenden, und
Gräfenberg beherbergte bald Eurgäste aus aller Herren Länder. Nicht blos aus allen
Staaten Europas, sondern auch aus außereuropäischen Staaten kamen Kranke nach
Gräfenberg, um daselbst Linderung ihrer Schmerzen und Heilung von ihren Leiden zu
suchen. Die Zahl der Kranken, welche nach Gräfenberg gingen, nahm so rasch zu, daß die
Frequenz bald auf 2000 Personen in einem Jahre stieg. Das starke Anwachsen der
Besucher Gräsenbergs kann nicht Wunder nehmen, wenn man bedenkt, welch staunenswerthe
Erfolge der unvergeßliche Prießnitz bei der Behandlung seiner Kranken erzielte.
Wie Dr. I. E. M. Selinger in seiner Lebensbeschreibung des Vincenz Prießnitz
nnd Johann Ev. Engel in seiner Broschüre „Vincenz Prießnitz und dessen Nachfolger
Josef Schindler an der Heilanstalt auf dem Gräfenberg in österreichisch Schlesien"
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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Mähren und Schlesien, Volume 17
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Mähren und Schlesien
- Volume
- 17
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1897
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 15.42 x 21.88 cm
- Pages
- 750
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch