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und plumpen Streben an den Ecken. Im Szatmärer Comitat ist das Kirchlein des Dorfes
Sima einschiffig, mit halbkreisförmigem Abschluß, rechtwinklig gegliederter Laibung des
Portals nnd stark ausspringenden Streben an den Ecken. Unter den kleineren Bauwerken
der Übergangszeit ist die charakteristischeste und künstlerisch werthvollste die reformirte
Kirche des Ortes Karcsa im Zemplener Comitat. Sie brannte im Jahre 1870 ab, hatte
jedoch ihren ursprünglichen Charakter bewahrt Sie ist aus dunkelrothen Quadern gebaut
und einschiffig; die eine Wand des Chores ist gerade, die andere bildet die Fortsetzung
des halbkreisförmigen Abschlusses; am westlichen Ende des Schiffes ruht aus zwei kreuz-
förmigen und an ihren Ecken mit Halbsäulen gegliederten Pfeilern eine Empore; die anf
attischen Füßen stehenden Wände sind durch Streben gegliedert, oben aber mit einem
attischen Fries uud einem Spitzbogensries umkränzt; aus der Mitte der Westwaud springt
eine Giebelwaud hervor, unterhalb deren sich das ruudbogige Portal mit säulengegliederter
Laibung öffnet; über dem Portale sitzen rechts und links aus vorragenden Eonfolen zwei
Löwen und über ihnen ist das Feld der Giebelwand mit einer rnndbogigen Sänlen-
arcade verziert.
Fast in allen 22 Comitaten des Oberlandes finden sich kleinere romanische Dorf-
kirchen, die nach dem soeben gekennzeichneten beliebtesten Typus gebaut und noch weit
einfacher sind als die bisher geschilderten. Die meisten sind nachgerade so verändert worden,
daß ihre Zeit kaum noch zu erkennen ist. So die Friedhofskapelle zu Schemnitz. Es gibt
aber noch anderweitige, von romanischer Bauthätigkeit zeugende Überreste. Um einen der
merkwürdigsten zu erwähnen, stand einst zu Kaplony im Szatmärer Comitat an der Stelle
der ueuerbauteu Grabkapelle der gräflichen Familie Kärolyi eine größere dreifchiffige, mit
drei halbkreisförmigen Apsiden versehene, in der Anlage also der Kirche zu Lebeny
(Wieselburger Comitat) ähnliche Kirche, von der nnr die Grnndmanern erhalten geblieben
sind. Anderwärts erinnern noch geringere Bruchstücke an die romanische Baukunst. Selbst
die Geschichte des Untergangs dieser Bauten ist in Dunkel gehüllt; man weiß nicht, ob sie
mehr der Zeit, dem Feinde oder der menschlichen Sorglosigkeit zum Opfer gefallen sind.
Gothische Periode. — Die gothische Baukunst begaun auch im Oberlaude nach
dem Tatareneinfall heimisch zn werden. Die Maßnahmen Belas IV., die auf die
Reorganisation des verheerten Landes und auf die Steigerung seiner Wehrfähigkeit
abzielten, hatten in Oberungarn die größte Wirkung, insofern sie hier in den geschichtlichen
Prämissen einen fruchtbaren Boden fanden und eigentlich die natürliche Fortsetzung dessen
bildeten, was schon vorher im Interesse der Besiedlung dieses Gebiets und der Civilisiruug
seiner Bewohner geschehen war. Die im Laufe des XII. Jahrhunderts sehr zahlreich
hereiugekommenen sächsische» Ansiedler waren theils Ackerbauer, theils Bergleute,
begannen sich jedoch nach und nach auch den primitiveren Gewerbezweigcn zu widmen
Ungarn V. 5
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Ungarn (5), Volume 18
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Ungarn (5)
- Volume
- 18
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1898
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 15.02 x 21.71 cm
- Pages
- 462
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch