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sechs Geschoßen, jedoch mit stumpfem Abschluß, und einer einfachen, niedrigen Thüre im
Erdgeschoß. Als Haupteingang dient das Südportal. Dieses, nebst der ihm vorgelegten
Halle, ist der schmuckreichste Theil des Gebäudes. Die Vorhalle hat ein Sterngewölbe, ihr
Äußeres ist durch elegante Streben belebt und über ihr öffnet sich eine geräumige Gallerie,
deren Brüstung durchbrochenes Maßwerk zeigt.
Im Zipser Comitat fällt die Erbauung und Blüte der meisten Städte in die Zeit
des gothischen Baustils; daraus folgt selbstverständlich, daß im ganzen Oberland, dessen
Baucharakter gothisch ist, die Zips als das gothischeste Comitat erscheint. Doch steht der
Kunstwerth seiner gothischen Bauwerke nicht im Verhältniß mit ihrer Anzahl. Der erste
Platz gebührt der im Jahre 1245 erbanten Stadt Leutschau (Löcse). Hier haben die
Bürger wahrscheinlich noch im Lause des XIII. Jahrhunderts mit dem Bau ihrer dem
heiligen Jacobus gewidmeten Pfarrkirche begonnen, die sie im XIV. Jahrhundert beendigt
haben dürften. Über die Geschichte des Baues finden sich keine Angaben. Die Kirche ist
das Muster der im ganzen Oberlande allgemein gewordenen einfachen Anlage: ein in
drei Schiffe und zwei Abschnitte getheilter, mit einem Kreuzgewölbe eingedeckter Bau
von 56 Meter Länge und 23 Meter Breite, ohne Querschiff und Langchor. Während
des Baues wich man von dem ursprünglichen Entwurf ab und erhöhte das Mittelschiff
auf 18 96 Meter, gegen 14 86 Meter des Seitenschiffes. Dadurch büßte die Kirche ihren
ausgesprochenen Hallencharakter ein, ohne doch die Gestalt der Basilika anzunehmen.
Das Mittelschiff ist von den Seitenschiffen durch sechs Pfeilerpaare von einfach
quadratischer Grundform, bloß mit abgeschrägten Kanten, getrennt. Den ungleichen
Zwischenräumen der Pfeilerpaare entsprechend, ist auch die Länge der Joche verschieden;
das erste Joch von Westen her ist 5 22, das zweite 6 48, das dritte und vierte 6 64, das
fünfte und sechste bloß 4 90, das letzte östliche Joch aber 5 30 Meter lang. Über den
Pfeilern springen aus der Wand des Mittelschiffes dreifach gegliederte Dienste vor, deren
Capitäle theils mit einfachem Lanbwerk, theils mit menschlichen Köpfen und Thierfiguren
verziert sind. Das Mittelschiff ist durch einen einfachen Triumphbogen mit dem Chor
verbunden, das auf drei Seiten geschlossen und in den Ecken durch Säulenschäfte auf
Basen von verschiedener Form gegliedert ist. Von den hohen und breiten Fenstern des
Chores ist das mittlere dreitheilig, an der Laibung reicher gegliedert und auch mit
elegantem Maßwerk geziert. Gegen Westen schließt das Mittelschiff mit einer Halle, die
das Erdgeschoß des ihm vorgesetzten Thurmes einnimmt, die Seitenschiffe schließen jedes
mit einer Kapelle. Die Ungleichmäßigkeit des Aufbaues läßt erkennen, daß auch in der
Bauleitung der Kirche Wechsel vorgefallen sind. Dagegen sind die dem nördlichen Seiten-
schiff angebaute St. Georgskapelle und die sogenannte capellu leprosorum, die jetzt als
Sakristei dient, wie auch das Orgelchor, späteren Ursprungs. Das Hauptportal, das sich ins
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Ungarn (5), Volume 18
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Ungarn (5)
- Volume
- 18
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1898
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 15.02 x 21.71 cm
- Pages
- 462
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch