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in Falten gezogener Pantalon. Eine eigenthümliche Franentrncht gibt es da nicht mehr;
die alte Komorner Mode ist nur noch bei einigen bejahrten Matronen zu finden.
Auch von den einstigen Volkssitten ist nur noch sehr wenig vorhanden. Ein Hoch-
zeitszug nach alter Mode, vom Brautwerber zu Fuße angeführt, ist eine große Seltenheit.
Das Herumführen der Braut in der Stadt ist noch nicht ganz aufgegeben.
In seiner ursprünglichen Form nnd mit der alten Pracht wird in Kvmorn von den
Römisch-Katholischen das Frohnleichnamsfest begangen. Dies ist der größte Feiertag
daselbst. Die Wagen der Stadt bringen schon tagsvorher die Pappelzweige, mit denen die
Einwohner ohne Religionsunterschied ihre Mauern verzieren, in alle Häuser. Die Straßen,
durch welche die .prossecxiü" (Procession) zieht, sind mit frischgemähtem, duftigem Gras
und Blumen bestreut. Die Innungen tragen ihre mächtigen, mit neun bis elf Stangen
versehenen Banner aus der Kirche und stellen sich in bestimmter Reihenfolge auf. Die
Fahnenstangen sind mit den schönsten Seidenbändern und Blumensträußen behängen.
Der Zug setzt sich unter Musikklängen in Bewegung, wohlgeordnet, die Meister mit den
Fahnenstangen über der Schulter. Die dickste Lenkstange des Banners trügt der Herbergs-
vater, aber nicht auf der Schulter wie die übrigen, sondern in der Hand. Voran sind die
Zimmerleute mit Zigeunermusik; vor ihrer rothen Fahne schreiten zwei kräftige Zimmer-
gesellen im Lederschurz, jeder trägt auf der Achsel eine in unzählige Seidenbänder gewickelte
Zimmermannsaxt, an deren Rücken eine Orange befestigt ist. Vor den übrigen Fahnen
tragen die ehrsamen Meister große, mit Blumensträußen geschmückte Wachskerzen. Die
Fahne der Müller ist aschgrau, die der Gärtner grün, die der Maurer weiß, die der
Schuster roth. Einst waren dies auch die Farben der Zünfte. Am Nachmittag des Festes
machen die beiden Zimmergesellen im Lederschurz, mit ihren buntgeputzten Äxten auf der
Schulter, unter Musik die Runde bei den Häusern der Meister; die eben freigesprochenen
Zimmergesellen begleiten sie.
Die größte Merkwürdigkeit Komorns ist die die Stadt vollkommen umgebende
Festung. Volksüberlieferung und dichterische Einbildungskraft halten diese für völlig
uneinnehmbar; sie behaupten, es habe noch kein Feind diese Wälle erstiegen und als
Wahrzeichen dessen steht eine kranztragende weibliche Figur aus Stein auf der Höhe einer
Bastei, die berühmte „Jungfrau von Komorn", und an ihrem Sockel liest man die Worte:
nee Narte" (weder durch List, noch durch Gewalt). In Wahrheit aber
gehörte die Festung bis zum Anfang dieses Jahrhunderts nicht zu den Anlagen ersten
Ranges, und wenn sie einige Belagerungen glücklich bestand, ist dies hauptsächlich ihrer
unzugänglichen Lage zuzuschreiben. Ihr ältester und vom geschichtlichen Standpunkte
wichtigster Theil erhebt sich an der südöstlichen Seite der Stadt, bei der Mündung der
Waag in die Donau.
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Ungarn (5), Volume 18
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Ungarn (5)
- Volume
- 18
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1898
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 15.02 x 21.71 cm
- Pages
- 462
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch