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hängender Balkon zieht. Wird die Familie zahlreich, bringt der Bursche ein Frauchen ins
Haus, oder geht er in das Haus seiner Frau wohnen (na pristupk^), so bekommen die
Jungen im Oberstock jedes eine kleine Kammer eingeräumt. Zuweilen befindet sich im
Oberstock die Vorratskammer der Bäuerin und die Kornkammer des Bauern, meist aber
dient zu diesem Zwecke ein besonderes Gebäude auf der anderen Seite des Hofes. In den
kleinen Städten des Oberlandes, wo die Häuser dicht aneinander stehen, bringt man
zwischen je zwei Nachbarhäusern längs der Traufe einen Abflußkanal für das Regen-
wasser an; so ist das z. B. in Jglö zu sehen. Statt der Bretterwand, die sich über der
Gassenwand der Stube erhebt, pflegt man in den südlichen Gegenden des Oberlandes
eine Wand aus Luftziegeln aufzuführen, an den meisten Orten aber wird das Hausdach
auch auf der Gassenseite des Hauses abgeschrägt.
In der Fortsetzung des Wohnhauses befinden sich Viehstall, Schasstall und Wageu-
schnppen, am Ende des Gebäudes der Schweinestall. Hinter dem Hause liegt der Obst-
garten, an dessen Anfang die Scheuer fürs Getreide steht. Der Gemüsegarten der Haus-
frau und der Blumengarten der Tochter pflegt dem Hause vorgelegt zu sein und hat ein
Lattengitter oder einen Zaun. In dem Straßengitter öffnen sich eine Thüre und ein Thor
ans Brettern.
Oft wohnen drei, ja vier Familien in einem Hause; die Eltern leben mit ihren
Kindern und Enkeln meist in einem Haushalt. Die Jungen begegnen den Alten gewöhnlich
mit großem Respect. Die Alten bestimmen, was die Jungen zu thun haben, sie sorgen
für alle Bedürfnisse der Familie und geben, so lange es irgend geht, die Macht nicht aus
den Händen. Wenn aber die Alten einmal dahin sind, lockern sich in der Regel die Bande
der Verwandtschaft, und dann ist der gestörte Hausfriede nur durch Besitztheilung wieder
herzustellen.
Die Nahrung des Volkes ist selbst bei den Wohlhabenderen sehr frugal. Ihre haupt-
sächlichen Nahrungsmittel sind: Kartoffeln, Kraut, Mehlspeisen und Milch; in manchen
Gegenden wird überdies viel Hirse und Buchweizen nebst Hülsenfrüchten genossen. Rind-
fleisch kommt nur an höheren Festtagen auf den Tisch. Das gewöhnliche Frühstück besteht
aus Einbrennsuppe und Brod; Mittags ißt man Hirsebrei und Mehlspeise oder Gemüse,
zuletzt Suppe. Von dem für Mittag Gekochten bleibt in der Regel noch ein Abendessen
übrig. Branntwein fehlt selten, ja er ersetzt häufig die gekochte Nahrung. Das Essen ist
gemeinsam. Die Familienglieder essen am Tische stehend oder auf den Bänken am
Tische sitzend aus der gemeinsamen Schüssel, die in die Mitte des Tisches gesetzt ist. Auf
Tellern wird gewöhnlich nur den Kindern die Speise zugetheilt. Der erste Löffel voll
gebührt dem Familienhaupt, auch trinkt er zuerst aus der laughalsigeu Branntweinflasche,
die dann von Hand zu Hand herumgeht. Vielfach ist es Sitte, daß sich die Hausfrau
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Ungarn (5), Volume 18
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Ungarn (5)
- Volume
- 18
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1898
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 15.02 x 21.71 cm
- Pages
- 462
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch