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Thürme; zur linken Hand die Posamentirerbastei. Dann folgt das Thor des heiligen
Florian. Er ist als Schutzpatron vor Fenersgefahr geehrt; wie in Böhmen Johannes
Nepomuk, so steht er in Galizieu überall, in Holz geschnitzt, in Stein gemeißelt, in
Dörfern und Städtchen, auf öffentlichen Plätzen, an den Straßenwinkeln. Krakau besaß
einst sieben Stadtthore, heutzutage ist ihm nur das eine, dem heiligen Florian geweihte
geblieben, ein stattlicher, quadratischer Bau. Die Bedachung ist nicht mehr ursprünglich,
sie stammt aus dem XVII. Jahrhundert, doch hatte das Thor schon die jetzige Silhouette,
als im Jahre 1683 König Johann III. Sobieski ans dem Zuge nach Wien begriffen hier
vor dem Madonnenbilde betete. Rechts von dem Thore bemerkt man zwei andere Thürme:
der eine halbrunde gehörte der Tischlerzunft und sollte von ihr im Kriegsfalle vertheidigt
werden, der zweite achteckige war den Zimmerleuten eigen. Von einer doppelten Mauer,
von Wassergräben, Fallbrücken, Wällen und Pallisaden ist heute nichts mehr zu sehen.
Dem Florianithore gegenüber steht bis jetzt eine am Ende des XV. Jahrhunderts erbaute
Barbakane. „Es ist dies" erklärt der um Krakaus Ruhm so sehr verdiente Director des
Germanischen Museums, Essenwein „ein runder Vorbau, der einen Hof umschließt und ein
vorgeschobenes Festungswerk bildet." Die Barbakauen waren dazu bestimmt, den Bürgern
einer belagerten Stadt die Möglichkeit zu geben, den an die Stadtmauer angelangten
Feind mit Schuß und Steinwurf zu belästigen und auf diese Weise das Eingangsthor
zu vertheidigen. Das sogenannte „Rondell" ist etwas verstümmelt, es steht nicht mehr in
Verbindung mit der „Porta S. Floriani", es steckt auch zum Theile unter der Bodenflüche
der heutigen Stadt. Trotz alledem gehört es zu ihren größten Sehenswürdigkeiten, zu den
seltensten erhaltenen Beispielen mittelalterlicher Vertheidigungskunst. Mit ihren schlanken
Thürmchen, mit ihren Schießscharten trägt die Barbakane sehr viel dazu bei, die cultur-
historische und malerische Bedeutung Krakaus zu heben.
Ehe wir durch das Florianithor in die Stadt eintreten, wendet sich unsere
Aufmerksamkeit einem Gebäude zu, das sich an die alte Wand anlehnt und früher als
Zeughaus diente. Heute findet hier ein Theil der fürstlich Czartoryski'schen Sammlungen
Unterkunft. Vor mehr als hundert Jahren, zur Zeit, wo man noch das Wort „Polen"
auf den geographischen Karten lesen konnte, hat eine edle, geistig bedeutende, kunstliebende
Frau, Fürstin Jsabella Ezartoryska, Antiquitäten, Bilder, Bücher, Mannscripte, patriotische
Denkwürdigkeiten und vor Allem für die Geschichte Polens wichtige Urkunden zu sammeln
begonnen. Der Landsitz, in dem sie diese Reichthümer aufbewahrte, fiel schließlich der
russischen Regierung zu. Nach dem Aufstaude des Jahres 1830, wo manches von den
mühsam gesammelten Schätzen vernichtet oder entführt wurde, mußte die fürstliche Familie
das Land verlassen. Was von den Sammlungen übrig blieb, wurde nach Frankreich oder
nach Galizien gebracht und durch neue Ankäufe immer vermehrt. Heute ist Alles wiederum
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Galizien, Volume 19
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Galizien
- Volume
- 19
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1898
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 16.48 x 22.34 cm
- Pages
- 920
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch