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die Säle der Bibliothek eilen. Mitten im Hofraume der Jagiellonischen Bibliothek erhebt
sich ein Brunnen. Bald wird an seiner Stelle eine Statue des jungen Copernicus erstehen,
welcher ein Schüler der Krakauer Hochschule gewesen ist. Auch lohnt es sich wohl der Mühe,
alle die gewölbten Säle zu durchwaudeln, welche mit den Standbildern berühmter
Männer angefüllt sind, sowie die ,3tuda communis" zu betrachten, deren Erker heute
noch erhalten ist und in welcher die Letzte aus dem Geschlechte der Jagiellouen, Königin
Anna, die Gemalin Stefan Bäthorys, einmal unter den Professoren Platz genommen hat.
In der Nähe des heutigen Bibliotheksgebäudes befinden sich verschiedene wissen-
schaftliche, zur Universität gehörige Anstalten. So hinter dem ehemaligen Lolle^ium
maius das 6c>llexium minus, ein Bau ohne ausgeprägtem Charakter, das zoologische
Kabinet, das chemische Laboratorium und vor allem das sogenannte ,<üolleAium nvvuin«,
ein neuer Bau, welcher, im Jahre 1887 eröffnet, hauptsächlich zu humanistischen und
rechtswissenschaftlichen Vorlesungen dient. Der Architekt hat es hier verstanden, sich der
Umgebung anzupassen. Namentlich verdient das Innere desselben Lob, während überdies
Aula, Conferenz- und Lehrsäle viele werthvolle Malereien enthalten. Die Kliniken,
Spitäler, Laboratorien, das ,1keatrum anawmicum", der botanische Garten und
andere mit der Universität zusammenhängende Institute haben, ferne vom Mittelpunkte
der Stadt, im östlichen Stadtviertel Unterkunft gefunden.
Neben dem ehemaligen „Lolle^ium maius« erhebt sich das St . Annengymnasium,
ein berühmtes Lyceum, in dessen Mauern viele bedeutende Männer ihre Erziehung empfangen
haben. Schüler dieser Anstalt war unter anderen auch Jan Sobieski. Auf der anderen
Seite der Gasse, gegenüber dem Gymnasium, öffnet ihre Pforte die St . Annenkirche,
ein interessanter Barockbau, der gegen das Ende des XVII. Jahrhunderts und, wie es
heißt, nach dem Muster der Kirche St. Andrea della Balle in Rom erbaut wurde. Die
Wände der Kirche sind mit Porträts und Grabdenkmälern von Professoren der Universität
bedeckt, der Altar des Querschiffes birgt die Reliquien des heiligen Joannes Cautius.
Nikolaus Copernicus und einer der größten polnischen Dichter, Julius Siowacki, haben
hier auch ihre ungemein bescheidenen Grabmäler gefunden.
Wenn wir uns von der St. Annenkirche aus über die Plantazionen in die Burgstraße
begeben, kommen wir an dem bischöflichen Palaste vorüber. Der große Brand im Jahre
1850 hat den ganzen Stadttheil zerstört und auch diesen alterthümlichen Bau nicht
verschont. Im Hofraum jedoch kann man noch die Überreste einer prächtigen Colonnade
erblicken. Wir treten nun auf den kleinen Platz und, wenn wir uns mit dem Gesichte nach
Süden wenden, haben wir zu unserer Rechten den ehemaligen Palast der Grafen Wielv-
polski, das heutige Magistratsgebäude, sowie die Kirche und das Kloster der Franziskaner;
zur Linken aber den kühnen Bau der Dominicanerkirche. Vor einigen Jahrzehnten stand
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Galizien, Volume 19
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Galizien
- Volume
- 19
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1898
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 16.48 x 22.34 cm
- Pages
- 920
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch