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„Thurm der silbernen Glocken", welcher unten viereckig, oben oetaedrisch ist und leider
seinen ehemaligen Abschluß eingebüßt hat, den er jedoch bei der jetzigen Restaurirung
wieder erhalten soll. Die Thorflügel des Gotteshauses sind mit Eisen beschlagen und
tragen das Monogramm Kazimirs des Großen (1333 bis 1370).
Im Vergleich mit vielen monumentalen Bauten Krakaus überrascht das Innere der
Kathedrale durch die Niedrigkeit seiner Deckenwölbung und den Mangel an Hoheit. An
den Wänden sieht man alte Statuetten und Überreste alter Malerei. Später angebrachte
Teppichgewebe verhüllen die architektonischen Linien. Dem Beschauer gegenüber steht der
messingene Baldachin aus dem XVII. Jahrhundert, welcher den silbernen Sarg des heiligen
Stanislaus, Bischofs von Krakau, des Märtyrers und Landespatrons beschattet.
Im Hintergrunde, hinter den schönen Chorstühlen, erheben sich Reste eines abgetragenen
Barockaltars, zu welchem einige Stufen hinaufführen. Zwischen diesen Stufen sind drei
Grabmäler angebracht. Rechts ruht die Königin Hedwig, die Gemalin des Ladislaus
Jagiello, links einer der Bischöfe von Krakau aus dem XVII. Jahrhundert und in der
Mitte befindet sich eine meisterhafte eherne Grabplatte, ein Relief, das dem Andenken des
Cardinals Friedrich des Jagiellonen (gestorben 1503) gewidmet und wahrscheinlich eine
Arbeit Peter Vischels ist.
Um die volle künstlerische und geschichtliche Bedeutung der Kathedrale würdigen zu
können, muß man die sie ringsumgebenden Kapellen, siebzehn an Zahl, abgehen. Werfen
wir einen Blick auf die wichtigsten. Gleich die erste zur Rechten birgt nicht nur die
Marmorgrabmäler zweier Könige, deren eines die Signatur Veit Stoß' trägt, besitzt nicht
nur zwei merkwürdige gemalte Flügelaltäre, sondern fesselt vor allem das Interesse des
Beschauers durch die Wandmalereien, welche in der zweiten Hälfte des XV. Jahrhunderts
von ruthenischen Malern ausgeführt worden sind. In den folgenden Kapellen finden wir
verschiedene Stile vertreten. Da ist ein Christus, Thorwaldsens Werk, dann eine aus
Marmor gemeißelte weibliche Gestalt, deren Dnplicat sich in der Kirche von Santa Croce
in Florenz befindet. An den Wänden und Pfeilern des Hauptbaues stehen wie lebend
vor uns, oder liegen im ewigen Schlafe ruhend die hervorragenden Männer des
XVI. Jahrhunderts: bewunderungswürdige Grabmäler, welche Zeugniß ablegen vom
allmäligen Übergange der Kunstthätigkeit von der gothischen Tradition zum reichen Leben
der Renaissance. Weiter folgt die Kapelle der Wasa, die in ihrem Innern mit Grab-
inschriften überfüllt, mit einer schweren Ornamentik beladen, an der Außenseite den
edlen Stil der Siegmundskapelle nachahmt, welch' letztere seit langem das schönste
Denkmal der Renaissance nördlich der Alpen genannt wird.
Diese Kapelle hat der Italiener Bartolommeo Berecci in der Zeit zwischen
1518 bis 1530 gebaut, der hier seine ganze meisterhafte Einbildungskraft entfaltete, indem
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Galizien, Volume 19
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Galizien
- Volume
- 19
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1898
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 16.48 x 22.34 cm
- Pages
- 920
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch