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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Galizien, Volume 19
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50 abgehauen wird, so daß nur ein unförmlicher, 2 bis 3 Meter hoher Block — dem zum Himmel um Rache schreienden Marterpfahl vergleichbar — zurückbleibt. Diese Operation scheint jedoch auf sie keinen tieferen Einfluß auszuüben, es sprossen frische Triebe und bald lächelt ein hellgrünes Medusenhaupt von der Spitze des Stammes dem gefühllosen Peiniger entgegen. Daß sie inwendig morsch und wurmstichig ist, daß manchmal buch- stäblich nur die gesunde Rinde zurückbleibt, die allein im Stande ist, den Ernährungsproceß des Baumes zu besorgen, ist der Weide auch vollkommen gleichgiltig, wie nicht minder der Umstand, ob der Boden, auf dem sie wächst, gut oder schlecht, kalkig, sandig oder mergelig ist. So sieht man mit Ausnahme der Steppen, auf denen überhaupt keine Bäume gedeihen, hierzulande überall Weiden; eine galizische Dorflandschaft ist ohne die bizarre Form der Weide, die eigentlich nur ein Zerrbild eines Baumes darstellt, undenkbar. Soll nun in die Landschaft Leben hineinkommen, so muß man sich dazu noch kleine, äußerst genügsame, mit stoischer Gleichgiltigkeit Hunger und Kälte, schwere Lasten und Mißhandlungen ertragende Pferde denken, die kaum diesen stolzen Namen verdienen und vor Allem selbst- verständlich auch die Könige der galizischen Schöpfung: den Bauer im weißen Hemd uud, last bm nc»t least, den Juden mit Stirnlocken und langem Talar. Diese vier Wesen gehören in Galizien entschieden zu einander. In der Nähe von Ztoczöw verläßt die Bahn die Niederung und beginnt langsam durch die tiefen Einschnitte in das Plateau einzudringen. Einige 16 Kilometer nördlich von der Bahn liegt inmitten mioeäner Hügel das Dorf Podhorce mit dem berühmten Schloß, das im Jahre 1637 von Stanislaus Konieepolski erbaut, später eine Zeit lang vom König Johann III. Sobieski bewohnt wurde. Durch tiefe Eisenbahneinschnitte im oberen Kreidemergel (hierzulande Opoka genannt) gelangen wir nach Tarnopol , wo wir die Bahn verlassen, um unsere Reise zu Fuß und zu Wagen fortzusetzen. Indem wir die 26.000 Einwohner zählende Stadt betreten, befinden wir uns in der Metropole von Galizisch-Podolien. Die ziemlich reizlose (304 Meter über dem Meeresspiegel gelegene) Gegend wird mit Recht als Galizisch-Sibirien bezeichnet, denn die nach allen Windrichtungen offene, von keiner schützenden Hügelkette gedeckte Hochebene trägt den Charakter eines typischen kontinentalen Klima's. Die strengen Wintermonate, in denen das Quecksilber nicht selten unter —20 Grad Celsius sinkt, die heißen Sommermonate mit den beobachteten Extremen von über -»-30 Grad Celsius, der rasche Temperatur- Wechsel und die lästigen Winde gestalten das Klima zu einem recht unangenehmen. Die Stadt selbst bietet außer dem alterthümlichen Schlosse, das gegenwärtig als Kaserne dient, und der schönen Pfarrkirche, wenig Interessantes dar; recht eigenthümlich schaut die Stadt an Markttagen aus, besonders zur St. Anna-Messe, in der hauptsächlich Pferde auf den Markt kommen, während sonst Tarnopol den Hauptmarkt für den podolischen Getreidehandel bildet.
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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild Galizien, Volume 19
Title
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Subtitle
Galizien
Volume
19
Editor
Erzherzog Rudolf
Publisher
k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
Location
Wien
Date
1898
Language
German
License
PD
Size
16.48 x 22.34 cm
Pages
920
Keywords
Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
Categories
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