Page - 78 - in Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Galizien, Volume 19
Image of the Page - 78 -
Text of the Page - 78 -
78
hindurch liegen, seine weißen Felder tragen in Verbindung mit kleinen blaue» Seen viel
zur Schönheit der Gegend bei.
Außer den bereits erwähnten sehen wir noch eine grvße Anzahl von Gipfeln und
Ketten, die einem sturmbewegten Meere ähnlich sind. Auf der ungarischen Seite lenkt der
imposante Pietros unsere Aufmerksamkeit auf sich, und im Südosten erblicken wir in weiter
Ferne die Umrisse eines noch mächtigeren Gebirges: der Roduaer Alpen. Daß auch die
nördliche Aussicht auf die Vorberge, auf die pokutische Ebene bis nach Stanislan hinaus
und auf Podolieu großartig ist, braucht wohl keine besondere Erwähnung.
Wir wählen einen anderen Weg zu unserer Rückreise, längs des Prnthflufses, um
die durch reizende Gegend führende Bahn Stauis lan-Woronienka kennen zu lernen.
Unser Weg führt uns durch einen Riesenurwald. Früh morgens haben wir das Quellen-
amphitheater verlassen, unsere Pferdchen schreiten, soweit es der holperige Pfad erlaubt,
rüstig vorwärts und doch vergeht beinahe ein ganzer Tag, bis wir bei der Ortschaft
Worochta den Wald verlassen. Stundenlang gehen wir in dem Halbdunkel an Riesentauueu,
deren üppige Äste kaum den blauen Himmel dnrchschimmern lassen, vorüber; stundenlang
nmgibt uns ein Dickicht, das an die nordamerikanischen Urwälder erinnert.
So sind wir in der Station Worochta aus der Wilduiß in die Cultur, an die Bahn-
linie angelangt. In südlicher Richtung windet sich die Bahn über Brücken und Viaducte
steil hinauf und überschreitet in der Höhe von 836 Metern den Grenzkamm durch einen
1216Meter langen Tunnel. Wir dampfen jedoch gegen Norden längs des Pruthflufses dahin.
In dem engen bewaldeten Thale braust unser Zug über Tar ta röw nach dem kleinen Gebirgs-
örtchen Mikuliezyu. Zwischen dem letzteren und der nächstfolgenden Station Dora-
Jaremeze befindet sich unstreitig der Glanzpunkt der ganzen Linie. Wir passiren einen
224 Meterlangen Tunnel und befinden uns im Gebiete des massigen Jamnasandsteines, der
hier seine typischeste Entwicklung erreicht und seinen Namen nach der Ortschaft J amna erhielt.
Ein ganzes Meer von größeren und kleineren Felsblöcken bedeckt die Gehänge wie eine in
stürmischer Bewegung aufgehaltene Lawine. Die grauen Felseolofse über unseren Hänptern
drohen jeden Augenblick uns zu zermalmen, der schöne Fluß zu unseren Füßen schäumt in
Stromschnellen zwischen den grünlichen moosbedeckten Blöcken. Noch ein Tunnel und wir
bewundern den Schleierfall des Kapliwiee, der von einer senkrechten Wand herunterstürzt.
Vor der Station Dora-Jaremeze nehmen vor Allem zwei Objecte unsere Auf-
merksamkeit in Anspruch: der Wasserfall des Prnth und ein Gebilde der Menschenhand, die
Prnthbrücke, die ihresgleichen in der Welt sucht: ein einziger, 28 Meter hoher und
65 Meter breiter Bogen, der die beiden Flußufer verbindet. Hinter der Station Delatyn
gelangen wir in die Vorberge uud bald darauf in das Thal der Schwarzen Bystrzyca bei
Stanislau, womit unsere interessante Excnrsion ihr Ende erreicht.
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Galizien, Volume 19
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Galizien
- Volume
- 19
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1898
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 16.48 x 22.34 cm
- Pages
- 920
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch